Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung die Frage der Markenverletzung durch Keyword-Anzeigen nochmals beantwortet und weicht von der EuGH-Rechtsprechung ab (Urteil vom 13.12.2012, Az.: I ZR 217/10): Es stellt keine Markenrechtsverletzung dar, eine Marke zum Keyword-Advertising zu nutzen, wenn man selbst keine Produkte dieser Marken anbietet, soweit die Anzeige optisch und räumlich vom Suchergebnis der Suchmaschine getrennt ist.
Die Klägerin ist Inhaberin einer Markenlizenz für die Wort- und Bildmarke »MOST«, die auch für Süßwaren geschützt ist. Sie darf die Rechte der schweizer Lizenzgeberin gerichtlich verfolgen. Darüber hinaus betreibt sie die Domain most-shop.com, über die sie Schokoladenprodukte vertreibt. Die Beklagte ist die Inhaberin der Domains feinkost-geschenke.de und selection-exquisit.de, über die sie Schokoladenprodukte anbietet, allerdings keine von MOST. Sie hatte eine Google AdWords-Anzeige geschaltet. Als Keyword, dessen Eingabe in die Suchmaske das Erscheinen der als solche auch gekennzeichneten Anzeige auslöst, wählte die Beklagte den Begriff »Pralinen« mit der Option »weitgehend passende Keywords«, mit der Folge, dass bei Eingabe des Suchbegriffs »MOST Pralinen« ihre Anzeige erschien. Darin sieht die Klägerin eine Markenrechtsverletzung, mahnte die Beklagte daher ab und stellte einen Unterlassungsantrag hinsichtlich der Google AdWords-Anzeige, woraufhin am 12.02.2007 durch das Landgericht Braunschweig eine einstweilige Verfügung erging. Im Fortgang des Rechtsstreits bestätigte das LG Braunschweig die einstweilige Verfügung und wies eine Widerklage der Beklagten zurück (Urteil vom 27.08.2008, Az.: 9 O 1263/07). Die Beklagte ging in Berufung zum Oberlandesgericht Braunschweig, wo sie ebenfalls scheiterte: das OLG Braunschweig orientierte sich an der Rechtsprechung des EuGH (so etwa Urteil vom 23.3.2010, Az.: C236/08) und ging davon aus, dass die Werbung mit Marken nicht erlaubt sei, wenn
aus dieser Werbung für einen Durchschnittsinternetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder doch von einem Dritten stammen“
(OLG Braunschweig, Urteil vom 24.11.2010, Az.: 2 U 113/08). Die Beklagte legte die vom OLG Braunschweig zugelassene Revision ein. Nun hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden.
Der Bundesgerichtshof hob, wie aus seiner Pressemitteilung hervorgeht, das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab (Pressemitteilung zum Urteil vom 13.12.2012, Az.: I ZR 217/10). Es ist der Ansicht, dass beim Keyword-Advertising eine Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke grundsätzlich ausgeschlossen ist, soweit die Werbung in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält. Dies gelte auch, wenn die Anzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber hinweist und dass allein der Umstand, dass in der Anzeige Produkte der unter der Marke angebotenen Art mit Gattungsbegriffen bezeichnet werden, nicht zu einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke führt. Diese Position widerspricht auf den ersten Blick der Rechtsprechung des EuGH, doch eine Vorlage vor diesen sieht der BGH für nicht notwendig an: Laut EuGH sei es Sache des nationalen Gerichts, die Frage der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion anhand der vom Gerichtshof entwickelten Maßstäbe unter Berücksichtigung aller Faktoren, die es für relevant erachtet, zu prüfen. Das handhabten auch andere Obergerichte wie der österreichische „Oberste Gerichtshof“ und der französische „Cour de cassation“ nicht anders, die bei der Beurteilung von Adwords-Anzeigen unter Berücksichtigung der von ihnen als relevant erachteten Faktoren zu anderen Ergebnissen gelangt sind.
Mit dieser Entscheidung werden Risiken des Keyword-Advertising nochmals entschärft. Ob aber auch die Oberlandesgerichte sich am BGH orientieren, ist nicht gesichert. So sind langjährige Auseinandersetzungen bis zum Bundesgerichtshof weiterhin nicht auszuschließen.