§ 143 MarkenG ­ strafbare Kennzeichenverletzung

Wer beim Domain-Registrieren Markenrechte verletzt, darf auch mit Strafen rechnen. Bestes Beispiel ist das bekannte Urteil des LG München II (Urteil vom 14.9.2000, Az.: W 5 KLs 70 Js 12730/99) gegen einen Grabber, der u.a. wegen Erpressung und versuchter Erpressung nach Normen des Strafgesetzbuches (StGB) verurteilt wurde. Aber nicht nur im StGB gibt es Strafnormen, sondern auch im Markengesetz (MarkenG); die bekam der Domain-Grabber ebenfalls zu spüren. Der Internetgemeinde sind die Strafnormen des MarkenG noch nicht sehr bekannt.

Doch zuerst die Entscheidung des LG München. Dieser lag zugrunde, dass der Inhaber zahlreiche markenrechtlich relevanter Domains (u.a. continentale.com, bitburger.com, stollwerk.com) registriert hatte. Er wartete darauf, dass Interessenten wegen der Domains auf ihn zukamen. Dabei war ihm aufgrund ergangener Zivilurteile bewußt, dass er die Domains letztendlich den Markenrechtsinhabern überlassen musste und sein Vorgehen also rechtswidrig ist. Gleichwohl drohte er den Markenrechtsinhabern für den Fall der Nichtzahlung des Kaufpreises mit der weiteren Sperrung der Domains unter Hinweis auf die lange Dauer etwaiger Zivilprozesse und der Möglichkeit, die Domains anderen Interessenten zu überlassen. Auf diese Weise konnte er einige Domains an die Markeninhaber verkaufen.

Der Grabber wurde vom LG München zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 10 Monaten auf Bewährung verurteilt, wobei noch andere Delikte mitberücksichtigt wurden. Fazit des Urteils: „Domain-Grabbing, bei dem Domain-Namen bekannter Marken registriert werden, ohne dass der Registrierende ein eigenes Interesse an der Veröffentlichung einer Homepage unter der Domain-Adresse hat, ist strafrechtlich als Kennzeichenverletzung und Erpressung bzw. versuchte Erpressung strafbar, wenn von den Markeninhabern unter Androhung der Ausnutzung der Sperrwirkung der Registrierung ein Entgelt für die Freigabe der Domain verlangt wird.“ (jurpc.de Web-Dok. 228/2000)

Die Frage, die sich jedoch stellt, ist, muss man so weit gehen, um einen Straftatbestand zu erfüllen oder schnappt die Falle schon früher zu?

§ 143 MarkenG regelt die Strafbarkeit von Kennzeichenverletzungen. Die Norm regelt kurz gesagt, dass wer eine Marke widerrechtlich im geschäftlichen Verkehr benutzt mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe betraft wird, handelt der Täter gewerbsmäßig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch der Begehung ist ebenfalls strafbar.

Die Voraussetzungen, die der Markenbenutzer erfüllen muss, um den Straftatbestand zu verwirklichen, sind denkbar gering. Im Grunde müssen nur die Voraussetzungen des § 14 MarkenG vorliegen, d. h. die Voraussetzungen, die den Markeninhaber berechtigen, die Unterlassung der Nutzung der Domain durch den Inhaber zu verlangen. Die Straftat ist vollendet, wenn bereits eine einzige Benutzungshandlung vorgenommen wurde.

Das sind aber nur die objektiven Kriterien. Im Strafrecht treten sogenannte Subjektive Tatbestandsvoraussetzungen hinzu. So muss dem Inhaber des Domain-Namen bewußt sein, dass er eine Markenrechtsverletzung begeht. Das heißt allerdings nicht, ihm ist dieser Umstand klar, sondern es reicht ­ unjuristisch gesprochen ­ aus, wenn er ahnt, es könne sich bei seinem Handeln um eine Markenrechtsverletzung handeln, aber sich um die Frage nicht weiter schert.

Dass dieses subjektive Kriterium bei Markenrechtsverletzungen fast immer vorliegt, wird man kaum bezweifeln können. Spätestens mit der Abmahnung weiss der Domain-Inhaber aber Bescheid und macht sich strafbar.

Warum hört man dann aber so selten von strafrechtlichen Grabbingurteilen? Nun, solange keine gewerbliche Tatbegehung vorliegt, muss der in seinen Rechten verletzte Markeninhaber die Straftat zur Anzeige bringen. Man spricht von einem Antragsdelikt. Das wird in der Regel nicht gemacht. Es hat letztlich auch keinen Effekt auf den zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch.

Anhang

§ 143 ­ Strafbare Kennzeichenverletzung

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr widerrechtlich

1. entgegen § 14 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ein Zeichen benutzt,

2. entgegen § 14 Abs. 2 Nr. 3 ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten Marke auszunutzen oder zu beeinträchtigen,

3. entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 1 ein Zeichen anbringt oder entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 2 oder 3 eine Aufmachung oder Verpackung oder ein Kennzeichnungsmittel anbietet, in den Verkehr bringt, besitzt, einführt oder ausführt, soweit Dritten die Benutzung des Zeichens

a) nach § 14Abs. 2 Nr. 1 oder 2 untersagt wäre oder

b) nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 untersagt wäre und die Handlung in der Absicht vorgenommen wird, die Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung einer bekannten Marke zu ermöglichen,

4. entgegen § 15 Abs. 2 eine Bezeichnung oder ein Zeichen benutzt oder

5. entgegen § 15 Abs. 3 eine Bezeichnung oder ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten geschäftlichen Bezeichnung auszunutzen oder zu beeinträchtigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer die Rechte des Inhabers einer nach Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft geschützten Marke verletzt, soweit eine Rechtsverordnung nach Absatz 7 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In den Fällen des Absätze 1 und 1a wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(5) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden. Soweit den in § 18 bezeichneten Ansprüchen auf Vernichtung im Verfahren nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406c der Strafprozeßordnung) stattgegeben wird, sind die Vorschriften über die Einziehung nicht anzuwenden.

(6) Wird auf Strafe erkannt, so ist, wenn der Verletzte es beantragt und ein berechtigtes Interesse daran dartut, anzuordnen, daß die Verurteilung auf Verlangen öffentlich bekanntgemacht wird. Die Art der Bekanntmachung ist im Urteil zu bestimmen.

(7) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächugt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Straftaten nach Absatz 1a geahndet werden können, soweit dies zur Durchsetzung des in Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft vorgesehenen Schutzes von Marken erforderlich ist.

§ 14 ­ Ausschließliches Recht des Inhabers einer Marke; Unterlassungsanspruch; Schadensersatzanspruch

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1. ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,

2. ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder

3. ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Gnund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1. das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,

2. unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

3. unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,

4. unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,

5. das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1. ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,

2. Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder

3. Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen, wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

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