Namensrecht

OLG Braunschweig entscheidet auf Löschung eines Dispute-Eintrags

Das Oberlandesgericht Braunschweig hat in einer aktuellen Entscheidung die Rechte eines .de-Domain-Inhabers gegen einen eingetragenen Dispute geklärt. Bilderbuchmäßig prüft das OLG dabei die Voraussetzungen der Eingriffskondiktion durch.

Die Klägerin nutzt eine .de-Domain zur Weiterleitung auf eine andere Domain, auf der sie Reisen mit dem Fahrrad im Hinterland des Bodensees bewirbt. Der Beklagte sah in der weiterleitenden Domain eine Namensrechtsverletzung und beantragte bei DENIC erfolgreich die Eintragung eines Dispute. Die Klägerin sah in dem eingetragenen Dispute eine Verletzung ihrer Rechte und klagte vor dem Landgericht Braunschweig unter anderem auf Löschung des Disputes durch Erklärung seitens des Beklagten. Der Beklagte seinerseits erhob Widerklage mit dem Ziel, die Domain zu erlangen. Das LG Braunschweig wies Klage und Widerklage ab (LG Braunschweig, Urteil vom 19. August 2020, Az. 9 O 64 01/19). Hiergegen legte die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht Braunschweig ein. Sie sieht einen Eingriff des Beklagten in ihre Rechte, da er mit dem eingetragenen Dispute eine Rechtsposition erlangt habe, die sie daran hindere, mit der Domain nach Belieben zu verfügen; mit dem Dispute-Eintrag, der dem Beklagten eine einem Anwartschaftsrecht vergleichbare Position verschaffe, habe er einen vermögensrechtlich nutzbaren Vorteil erlangt (so genannte Eingriffskondiktion: § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB). Für diesen Eingriff bestehe allerdings keine Rechtsgrundlage, da der Anspruch aus dem Namensrecht des Beklagten nicht bestehe. Letzteres habe das Landgericht bestätigt. Der Beklagte hält entgegen, es läge keine Anwartschaft vor. Zudem fehle es an einer verfestigten Rechtsposition, weil Dispute-Einträge einem zeitlichen Verfall von einem Jahr unterlägen. Er könne im Rahmen des Dispute-Eintrags auch nur eigene Rechte geltend machen und ihn nicht an Dritte übertragen oder von diesen nutzen lassen. Hingegen stelle sein nach § 12 BGB geschütztes Namensrecht einen Rechtsgrund dar.

Das OLG Braunschweig änderte die Entscheidung des Landgerichts teilweise ab. Es bestätigte den Löschungsanspruch hinsichtlich des vom Beklagten veranlassten Dispute-Eintrags (Urteil vom 25.03.2021, Az. 2 U 35/20). Es bestätigte die Rechtsansicht der Klägerin, wonach der Dispute-Eintrag ein vermögensrechtlich nutzbarer Vorteil zugunsten des Beklagten darstelle. Dieser stelle eine vorteilhafte Rechtsstellung sonstiger Art dar. Das OLG Braunschweig verwies auf die DENIC-Domainbedingungen (§ 6 Abs. 1), wonach eine Domain, die mit einem Dispute-Eintrag versehen ist, vom Domain-Inhaber weiter genutzt, jedoch nicht auf einen Dritten übertragen werden kann. Der Dispute-Eintrag bewirke, dass, sobald die Domain vom Domain-Inhaber freigegeben wird, der Inhaber des Dispute-Eintrags nachrückt und unmittelbar zum neuen Inhaber der Domain wird. Damit sichere sich der Beklagte nicht nur die Priorität gegenüber etwaigen weiteren Gleichnamigen, sondern bewirke für sich auch einen Domain-Erwerb, sofern die Domain freigegeben wird. Diese für den Beklagten vorteilhafte und vermögensrechtlich verwertbare Rechtsposition ähnele einer Anwartschaft auf die Domain-Registrierung und stelle ein »Etwas« im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB dar. Das ginge auf Kosten der Klägerin, die die Domain nicht mehr auf Dritte übertragen könne, womit ein Eingriff in die durch die Domain-Registrierung erlangte Rechtsposition vorliege. Die Befristung des Dispute-Eintrags auf ein Jahr ändere nichts daran, dass der Beklagte seine (vorübergehende) Rechtsposition nur durch den Eingriff in die Rechtsposition der Klägerin erlangen konnte. Schließlich habe der Beklagte auch keinen Rechtsgrund, da er sich auf keine Rechte gegen die Klägerin hinsichtlich der Domain stützen könne: Das Namensrecht (§ 12 BGB) stelle, anders als das LG Braunschweig meine, keinen den Dispute-Eintrag rechtfertigenden Grund dar. Zwar habe der Beklagte ein Namensrecht; ihm stehe jedoch kein namens- oder kennzeichenrechtlicher Unterlassungs- oder Löschungsanspruch gegen die Klägerin als Domain-Inhaberin zu. Das Landgericht habe die auf Freigabe der Domain gerichtete Widerklage des Beklagten abgewiesen, mithin habe der Beklagte keine besseren Rechte als die Klägerin an der Domain. Aufgrund dessen kann die Klägerin als (wie das OLG Braunschweig mit seiner Entscheidung feststellt) zu Unrecht in Anspruch Genommene von dem Beklagten verlangen, den zuvor gegen ihre Domain veranlassten Dispute-Eintrag wieder löschen zu lassen. Weitere von der Klägerin geltend gemachte Ansprüche, wie auf das Unterlassen zukünftiger Dispute-Einträge und Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung, wies das OLG Braunschweig zurück.

Eine Revision gegen das Urteil ließ das OLG Braunschweig nicht zu, da keine grundsätzliche Bedeutung bestünde, weil keine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufgeworfen werde, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen könne und einer einheitlichen Rechtsentwicklung bedürfe. Der Lösungsansatz des OLG Braunschweig entspreche der bislang veröffentlichten obergerichtlichen Rechtsprechung und der Kommentarliteratur.

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