So mancher Domain-Inhaber sieht sich unvermittelt einem Dispute-Eintrag ausgesetzt. Der Dispute-Eintrag, der gegenüber der DENIC e.G. gestellt werden kann, um einen Domain-Inhaber daran zu hindern, die Domain zu verkaufen und sich so einer rechtlichen Auseinandersetzung zu entziehen (näheres dazu finden Sie hier), bedeutet eine massive Einschränkung der Vertragsfreiheit: Der Domain-Inhaber kann die Domain nicht mehr an einen Käufer übertragen. Zudem sieht sich der Domain-Inhaber einer rechtlichen Auseinandersetzung ausgesetzt, andernfalls würde dem Dispute-Eintrag durch die DENIC nicht entsprochen. Aber der Domain-Inhaber ist nicht hilflos. Er kann sich gegen den Dispute-Eintrag zur Wehr setzen.
Das zeigt eine Entscheidung des OLG Nürnberg (Urteil vom 05.06.2001, Az.: 3 U 917/01). Diese Entscheidung liegt bereits lange zurück, sie ist aber aktuell, weil nach dieser Entscheidung der Beklagte in Revision gehen wollte. Die Revision wurde vom I. Zivilsenat des BGH aber – nach einiger Zeit der Prüfung – nicht angenommen, so dass nun die OLG-Entscheidung rechtskräftig ist.
Die Parteien stritten über den Dispute-Eintrag der Beklagten gegen eine Domain der Klägerin. Die Klägerin beantragte, der Beklagte solle die Löschung des Dispute-Eintrags veranlassen und die Feststellung, dass dem Beklagte kein vorrangiges Namensrecht an der Domain zusteht. Die Klägerin hat die Domain, als sie mit der Ursprünglichen Domain-Inhaberin verschmolzen wurde, rechtmäßig erworben. Der Domain-Name entspricht dem Familiennamen des Beklagten.
Die Klägerin ist im Fachbucheinzelhandel tätig und bietet unter der Domain auch Bücher und andere Waren an. Die in Streit stehende Domain diente lediglich dazu, Internetnutzer auf die Homepage der Klägerin weiterzuleiten. Im Jahre 1999 verkaufte die Klägerin die Domain an ein anderes Unternehmen. Die Übertragung der Domain schlug allerdings Fehl, weil der Dispute-Eintrag von Seiten des Beklagten bereits vorlag.
Nach Ansicht der Klagerin war der Dispute-Eintrag unberechtigt, da ihr ein originäres Namensrecht (§ 12 BGB) zustünde. Der Beklagte hielt vor allem entgegen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Löschung des Dispute-Eintrags, da sie die Domain nicht mehr nutze. Die frühere Firma der Klägerin existiere nicht mehr und sei auch nicht mehr werbend tätig. Der Beklagte hat gegen die Klägerin Widerklage erhoben und beantragt, die Klägerin zu veruteilen, die Freigabe der Domain gegenüber DENIC zu erklären.
Während das LG Regensburg mit Urteil vom 26.01.2001 sowohl die Klage als auch die Widerklage zurückwies (Az.: 1 O 926/00), gab das OLG Nürnberg der Klage bzw. der Berufung der Klägerin statt.
Das OLG Nürnberg ging davon aus, dass die Klägerin ein originäres Namensrecht hat, welches sie bei der Verschmelzung mit einem anderen Unternehmen erworben habe. Damit sei sie berechtigt, diesen Namen ohne Zusatz zu führen.
Der Beklagte hingegen habe durch die Veranlassung des Dispute-Eintrages bei DENIC e.G. unbefugt in das der Klägerin zustehende Namensrecht eingegriffen. Aufgrund der durch den Dispute-Eintrag von der DENIC verweigerten Registrierung eines neuen Berechtigten habe der Beklagte die Veräusserung und sinnvolle Verwertbarkeit des Domain-Namensrecht der Klägerin unmöglich gemacht und so die Interessen der Klägerin verletzt.
Die Handlungsweise des Beklagten sei bereits deshalb unbefugt, weil ihm ein vorrangiges Benutzungsrecht des Namens nicht zustehe. Nach dem Gebot der Lauterkeit sei der Beklagte wie jeder andere Träger eines Familiennamens gehalten, »die Verwechslungsgefahr so weitgehend wie möglich durch eine unterschiedliche Gestaltung des registrierten Internet-Domain-Namens auszuräumen und damit einer sich aus der Gleichnamigkeit ergebenden Verwechslungsgefahr dadurch entgegenzuwirken, dass sie sich durch unterscheidungskräftige Zusätze voneinander abgrenzen.«
Allerdings bietet aus Sicht des OLG Nürnberg der Grundsatz der Priorität im Falle der Gleichnamigkeit allein keine interessensgerechte Lösung. Die Lösung ergebe sich nur unter Rückgriff auf das Recht der Gleichnamigen. »Danach muss auch bei der Wahl der Domain-Adresse ein Interessensausgleich gefunden werden, der beiden Seiten ein kennzeichnungskräftiges Auftreten im Internet ermöglicht, also die Wahl einer griffigen Domain-Adresse gestattet.« Hierbei müsse man eine umfassende Interessenabwägung vornehmen.
Bei dieser Interessenabwägung wiegen letztlich die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin mehr, als die persönlichen des Beklagten. Beiden Parteien ist dabei in Rechnung zu stellen, dass sie aufgrund ihrer Namen absolut geschützte (Namens)Rechte haben. Allerdings läge beim Beklagten das Interesse, die kurze Form für einen Domain-Namen zu verwenden niedriger, ihm sei es zumutbar, durch hinzufügen beispielsweise seines Vornamens, seine Interessen an einer Domain zu wahren.
An der Entscheidung wird deutlich, dass lediglich die Fragen zu klären sind, die im Rahmen eines normalen Domain-Rechtsstreits aufgeworfen werden, um einen Dispute-Eintrag zu beseitigen (oder eben nicht).