In einem Streit um die Kosten einer Abmahnung wegen rechtsverletzender Domain-Namen sah das LG Stuttgart den Admin-C der .de-Domains als Störer und voll in der Haftung (Urteil vom 27.01.2009, Az.: 41 O 101/08 KfH). Das Gericht sah wohl keine Veranlassung, sich auch in seinen Entscheidungsgründen mit der aktuellen Rechtsprechung auseinanderzusetzen.
Die Konstellation ist bekannt: die Klägerin betreibt einen Online-Shop unter einer bestimmten Domain und ist Inhaberin zahlreicher Marken. Der Beklagte ist Admin-C für 21 .de-Domains, deren Inhaber in Dubai sitzt. Wegen Markenrechtsverletzungen wird der Admin-C abgemahnt; die abgegebene Unterlassungserklärung reicht dem Genüge der Klägerin nicht, und der Beklagte zahlt auch die Kosten der Abmahnung nicht. Es kommt daher zur Klage.
In diesem Fall war die Kammer für Handelssachen am Landgericht Stuttgart gefordert. Sie kommt zu dem Ergebnis, der Beklagte haftet voll. Als Admin-C habe er willentlich und adäquat kausal zu der Rechtsverletzung beigetragen, weil er es erst ermöglicht habe, die Domains zu registrieren und dabei nicht sichergestellt hat, dass er von der jeweiligen Domain-Eintragung erfährt. Da, so das LG Stuttgart, das Fehlen eines Admin-C nach § 7 der DENIC-Richtlinien zur Kündigung der Domain führt, sei das sich Zurverfügungstellen als Admin-C für ein ausländisches Unternehmen kein untergeordneter Tatbeitrag. Der Admin-C erteilte hier eine Blankoeinwilligung in die Domain-Registrierung; die stelle seinen willentlichen Tatbeitrag dar, der die Störereigenschaft begründe. Die Störereigenschaft entspreche auch dem Sinn und Zweck des Admin-C, über den die Rechtsmissbräuchliche Nutzung von Domains verhindert werden solle. Dies verpflichte den Admin-C dazu, die von der Registrierung einer Domain ausgehende Störung zu beseitigen.
Die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart ist bedauerlich und, wegen ihrer fehlenden Differenziertheit, ein entschiedener Rückschritt in der Rechtsprechung zur Haftung des Admin-C. Das Gericht versäumte es, seine Auseinandersetzung mit der aktuellen Rechtsprechung im Urteil nach außen zu tragen. Die Rechtsprechung geht in den Fragen der Störerhaftung des Admin-C auseinander. Gerade deshalb sollte man die unterschiedlichen Auffassungen bei einer Entscheidung nicht nur in den Blick nehmen, sondern dies auch in den Entscheidungsgründen dokumentieren. Das LG Stuttgart hat sich wohl in der mündlichen Verhandlung zur neueren Rechtsprechung – insbesondere der Entscheidung des OLG Köln (Urteil vom 15.08.2008, Az.: 6 U 51/08) – geäußert, diese Erwägungen aber nicht in die Entscheidungsgründe des Urteils transportiert. Auch hat es die Eigenheiten des Sachverhalts nicht dokumentiert, die die Bewertung hinsichtlich der Haftung des Admin-C noch weniger vertretbar machen, als sie sich aus der vorliegenden Begründung erschließt: So wurde der Admin-C mehrfach gewechselt, um der Abmahnung zu entgehen. Schließlich sei aber der Erstabgemahnte wieder Admin-C geworden, der allerdings dann tatsächlich bösgläubig war.
Gerade dieses Admin-C-Hopping zeigt aber, dass der Admin-C als Angriffspunkt für einen Rechtsstreit ineffektiv ist. Denn den Admin-C zu verfolgen, ändert nichts an der von den Domains ausgehenden Rechtsverletzung, da der Admin-C jederzeit problemlos ausgewechselt werden kann. Als Zustellungsbevollmächtigter verstanden, so wie es die DENIC-Richtlinien vorsehen, wird der Admin-C kein Interesse daran haben, seine Position aufzugeben, und der in seinen Rechten Verletzte kann vor den deutschen Gerichten problemlos gegen den verantwortlichen Verursacher einer Rechtsverletzung, nämlich gegen den Domain-Inhaber, vorgehen. Selbst wenn der Inhaber wechselt: über den Admin-C als Zustellungsbevollmächtigten bleibt jeder Inhaber erreichbar.
Das LG Stuttgart hat wie schon das OLG Stuttgart (Beschluss vom 01.09.2003, Az.: 2 W 27/03) im Ergebnis wohl eine richtige Entscheidung getroffen: die Admin-Cs in diesen Fällen waren hier für Rechtsverletzungen verantwortlich. Nur der Weg zu den Entscheidungen und die Rechtsansicht in Stuttgart werden der rechtlichen wie tatsächlichen Situation keinesfalls gerecht. Sie sind zu wenig differenziert und interpretieren die DENIC-Richtlinien nach – nicht nur – diesseitiger Auffassung falsch. Es ist Zeit für eine höchstrichterliche Beurteilung der Admin-C-Haftung.