LG Wiesbaden

Inhaber muss nicht Anbieter sein

Das Landgericht in Wiesbaden setzte sich in einem Rechtsstreit mit der Frage auseinander, inwieweit Domain-Inhaber und Admin-C Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes (TMG) sind. Das Urteil vom Oktober 2013 dürfte die Kläger enttäuscht haben, stärkte dafür aber die Position von Domain-Inhaber und Admin-C.

Die Kläger hatten aufgrund eines Online-Angebotes per eMail eine Reise nach Thailand gebucht, aber nicht vollständig bezahlt. Der Reiseanbieter bestätigte als »Reservierungs-Team« die Reise per eMail mit dem Hinweis, dass der Reisepreis noch nicht bezahlt sei. In einer eMail neun Monate später teilte das Reservierungs-Team mit, das noch immer EUR 209,76 offen stünden und es infolgedessen zu Buchungsproblemen gekommen sei: der gebuchte Reisetermin könne deshalb nicht eingehalten werden. Das Reservierungs-Team bot alternative Reisetermine an. Die Kläger zahlten den Restpreis und bestanden erfolglos auf dem gebuchten Reisetermin. Sie klagten zunächst vor dem Landgericht Köln gegen die im Impressum des Online-Angebotes angegeben Anbieterin. Doch die Klage konnte wegen fehlerhafter Adresse in Köln nicht zugestellt werden. Daraufhin ließen sie den Adressaten der Klage berichtigen mit den Daten der als Domain-Inhaberin und auch als Admin-C im WHOIS eingetragenen Person, und beantragten den Verweis des Verfahrens an das Landgericht Wiesbaden. Die Kläger begehrten vor Gericht die Rückzahlung des Reisepreises, Schadensersatz für vertane Urlaubszeit und Begleichung der außergerichtlichen Anwaltsgebühren. Die Beklagte, die als Domain-Inhaber und Admin-C im WHOIS eingetragen ist, sandte lediglich ein Fax an das Landgericht Köln, in dem sie mitteilte, lediglich Webmaster im Dienstleistungsauftrag zu sein und die Webseite aufgebaut und gewartet zu haben. Sie erschien nicht zum Termin der mündlichen Verhandlung, weshalb die Kläger ein Versäumnisurteil beantragten.

Das Landgericht Wiesbaden wies den Antrag und die Klage, nachdem es die Kläger bereits vor der mündlichen Verhandlung auf die Unschlüssigkeit derselben hingewiesen hatte, als unbegründet zurück (Urteil vom 18.10.2013, Az.: 1 O 159/13): Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte selbst unter der Bezeichnung „Reservierungs-Team“ den Reisevertrag geschlossen habe und damit Partei des Reisevertrages sei. Der Umstand, dass die Beklagte als Inhaberin und als Admin-C der Domain des Online-Angebots im WHOIS geführt werde, rechtfertige nicht die Annahme, sie sei Vertragspartnerin der Kläger. Die Domain-Inhaberschaft gestatte nicht den Schluss, der Inhaber sei die Person, welche unter der Domain eine Webseite betreibt und über diese am Rechtsverkehr teilnimmt. Die Nutzungsrechte an der Domain kann der Inhaber auch Dritten überlassen. Hinsichtlich der Stellung des Admin-C berief sich das Gericht auf die Rechtsprechung des BGH und erklärte, dass sich dessen Pflichtenkreis allein auf das Innenverhältnis zwischen Domain-Inhaber und DENIC eG beziehe. Das Landgericht erwog sogar den Fall, wonach die Klägerin hätte belegen können, dass die Beklagte Partei des Reisevertrages sei. Doch selbst in diesem Falle bestünden keine vertraglichen Ansprüche, da bereits mit dem Hinweis auf den zu zahlenden Restbetrag des Reisepreises aussergerichtlich die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhoben worden sei. Ob diese Einrede zu Unrecht erhoben worden sei, lasse sich anhand des klägerischen Vortrags jedoch nicht klären, so dass man von dessen Bestand ausgehen müsse.

Neben diesem vertraglichen Anspruch prüfte das Gericht auch Ansprüche wegen unerlaubter Handlung: Da das Impressum des Webangebots nicht die Anforderungen des § 5 TMG erfülle, ist von einer Haftung auszugehen. Allerdings haftet nach Ansicht des LG Wiesbaden nicht die Beklagte, da sie nicht Dienstleisterin im Sinne des TMG ist. Die Kläger haben keine Tatsachen vorgetragen, welche den Schluss erlauben, dass die Beklagte Diensteanbieterin ist. Aus der Stellung als Domain-Inhaberin und Admin-C ergibt sich nicht zwangsläufig, dass man Diensteanbieter ist, da diese von der Inhaberschaft der Homepage zu unterscheiden ist. Der Abruf des Internetangebots erfolge nicht durch den Domain-Namen, sondern durch die diesem Namen zugeordnete IP-Adresse. Zum Beleg für diese Einschätzung verweist das Gericht auf die presserechtlichen Impressumspflichten, die sich an den Betreiber des Presseorgans richten, nicht aber an den Inhaber des Namensrechts an einer Zeitung. Mit diesen Gründen wies das Gericht die Klage ab.

Das Landgericht Wiesbaden liefert eine konsequente Argumentation und nimmt den Admin-C komplett aus dem Schußfeld der Kläger. Auch die Domain-Inhaberin wird hier völlig korrekt beurteilt, da nicht ersichtlich ist, dass sie Betreiberin des Webangebots ist. Besonders schön ist die Differenzierung von Domain-Namen und IP-Adresse, die auch für zahlreiche Unterlassungsklagen wegen unliebsamer Inhalte konsequent ins Feld geführt werden kann und zum Nachdenken anregen dürfte.

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