Markenrecht

OGH bestätigt Domain-Rechtsgrundsatz hinsichtlich Schutzfähigkeit von Unternehmenskennzeichen

Ein aktueller Rechtsstreit bot dem Obersten Gerichtshof der Republik Österreich (OGH) Gelegenheit, einen Grundsatz des Domain-Rechts zu bestätigen: Domain-Namen, die keinen beschreibenden Charakter haben, können als Unternehmenskennzeichen schutzfähig sein (Beschluss vom 04.04.2024 – Az. 4 Ob 156/23d).

Die Antragstellerin ist Inhaberin einer internationalen Marke mit dem Schutzbereich »Produits pharmaceutiques et chimiques pour l‘hygiène«. Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) übersetzte den Schutzbereich mit »Pharmazeutische und chemische Produkte für die Hygiene«. Die deutsche Basismarke wiederum schützt »Pharmazeutische Erzeugnisse sowie chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege« ohne Hygiene-Zusatz. Die Antragstellerin vertreibt unter dieser Marke ein (Arznei- oder Nahrungsergänzungs-)Mittel zum Ausgleich eines Magnesiummangels, der Störungen der Muskeltätigkeit verursacht. Sie benutzt dafür auch eine deutsche Website, deren Second Level Domain dem Wortlaut der Marke entspricht. Unter Berufung auf ihre internationale Marke und die Benutzung der gleichnamigen Second Level Domain versuchte die Antragstellerin, der Antragsgegnerin die Benutzung desselben Zeichens und ähnlicher Zeichen für Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel sowie ähnlicher Produkte zu verbieten. Vor dem OLG Wien (Beschluss vom 26.07.2023 – Az. 4 R 85/23h) blieb die Antragstellerin damit erfolglos, weil die Marke wegen zumindest fünfjähriger Nichtbenutzung für die Waren, für die sie eingetragen sei, verfallen gewesen sei. Das Mittel der Antragstellerin, also das Magnesiumpräparat, für das die Marke benutzt worden sei, sei nicht unter die im Warenverzeichnis enthaltene Bezeichnung zu subsumieren, weil es sich dabei nicht um ein Produkt für die Hygiene handle. Das Warenverzeichnis der Marke sei auch nicht so auszulegen, dass es alle pharmazeutischen und chemischen Produkte umfasse, weil sonst die Einschränkung »pour l‘hygiène« gegenstandslos wäre. Die Verwendung der mit der verfallenen Marke namensgleichen Domain begründe für sich allein keine Ansprüche nach § 9 Absatz 1 UWG, weil diese Bestimmung Namens- und Firmenrechte, nicht aber Produktkennzeichen schütze, die nicht als Marke registriert seien.

Der hiergegen gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs blieb vor dem OGH ohne Erfolg. Die klaren Regelungen des Art. 58 Abs 1 lit a und des Art. 189 Abs. 1, 2 der UMV (Unionsmarkenverordnung) würden den Verfall einer internationalen Marke, in deren Registrierung die Union benannt ist, an die fünfjährige nicht ernsthafte Benutzung der Marke in der Union für die Waren oder Dienstleistungen binden, für die sie – und nicht eine andere Marke (wie die Basismarke) – eingetragen ist. Für die Registrierung internationaler Marken, deren Schutz sich auf die Union erstrecken soll, normiere Art. 193 Abs. 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 UMV ebenso deutlich, dass die Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, so klar und eindeutig anzugeben sind, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den beantragten Schutzumfang bestimmen können. Die Rechtsansicht des OLG Wien, der Schutzbereich der internationalen Marke der Antragstellerin in der Union sei allein entsprechend dem Warenverzeichnis der internationalen Marke selbst (mit dem Zusatz »pour l‘hygiène«) zu bestimmen, das dafür nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem objektiven Verkehrsverständnis auszulegen sei, und nicht – wie von der Antragstellerin gefordert – entsprechend jenem der Basismarke (mit dem Zusatz »für die Gesundheitspflege«), bewege sich in dem durch die zitierten Bestimmungen und die Rechtsprechung abgesteckten Rahmen.

Soweit die Antragstellerin ergänzend auf die Benutzung einer Second Level Domain verwies, die dem Wortlaut der Marke entspricht, sei richtig, dass Domain-Namen, die keinen beschreibenden Charakter haben, als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 9 Abs. 1 UWG schutzfähig sein können. Ob das OLG Wien von dieser Rechtsprechung abgewichen sei, konnte aber im Streitfall mangels Präjudizialität offenbleiben: Die Antragstellerin habe keine konkreten Tatsachen bescheinigt, die den Schluss zuließen, sie habe die Domain schon rechtsbegründend benutzt, als die Antragsgegner das gleichlautende Zeichen erstmals verwendet haben. Es fehle daher jedenfalls an der Bescheinigung der Priorität. Eine Erörterung, um der Antragstellerin die Ergänzung ihres Vorbringens zu ermöglichen, komme nicht in Betracht. Der außerordentliche Revisionsrekurs wurde daher mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen.

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