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Schafft TAS-Panne Hintertür für Spekulanten?

Die Panne im TLD Application System (TAS) könnte nach Einschätzung der dotBERLIN GmbH & Co. KG eine Hintertür für Spekulanten öffnen. Die Internet-Verwaltung ICANN gab sich unterdessen bemüht, jeden Missbrauch unterbinden zu wollen.

Die Fakten sind bekannt: etwa 50 Bewerber um eine neue Top Level Domain waren aufgrund einer technischen Panne im TAS zumindest kurzzeitig in der Lage, die Datei- und Nutzernamen anderer Bewerber einzusehen. Wie die Ermittlungen von ICANN ergaben, waren umgekehrt wohl etwa 105 Bewerber von einer solchen Einsichtnahme betroffen. Für Dirk Krischenowski, Geschäftsführer der dotBERLIN GmbH & Co. KG und mit .berlin selbst Bewerber um eine neue Domain-Endung, droht hieraus ein erhebliches Missbrauchspotential. »Jemand, der beispielsweise die Bewerbung von Linde gesehen hat, könnte einen fertigen Account bei mytld.com für 300.000 Dollar kaufen, eine Linde-Bewerbung abgeben und später 600.000 Euro von Linde verlangen«, erklärte Krischenowski. Zugleich gab er sich kämpferisch: »Wenn es einen Mitbewerber für eines der von uns betreuten Projekte gibt und wir im Nachhinein herausbekommen würden, dass dieser die Bewerbung erst kurz vor Schluss eingegeben hat, würden wir eine Klage sicher andenken«, kündigte Krischenowski an.

ICANN-CEO Rod Beckstrom reagierte prompt. In einem Interview mit der US-Tageszeitung »The Hill« betonte er, dass ICANN die letzte Instanz bei der Prüfung einer Bewerbung sei. »Wenn wir Bedenken gegen die Handlung eines Bewerbers hätten, kann sich jeder ausmalen, dass dies wohl in die Prüfung mit einfliessen wird, ob er mit seiner Endung Erfolg hat oder nicht«, so Beckstrom, und warnte daher alle Beteiligten, hieraus einen unberechtigten Wettbewerbsvorteil zu ziehen. Er gab sich zugleich zuversichtlich, dass ICANN nachvollziehen könnte, ob und wann eine unerlaubte Einsichtnahme erfolgt sei. Den Fehler selbst bezeichnete Beckstrom als »extrem raffiniert«. Allerdings vermuten nicht wenige, dass ICANN mit dieser Panne nicht nur die Hintertür für Spekulanten geöffnet hat, sondern nun erst recht klagewütige Beteiligte auf den Plan ruft, um aus dem Bewerbungsverfahren Kapital zu schlagen.

Offenbar weniger kritisch sieht man die Lage bei Paul Stahura, Gründer und CEO vom TLD-Bewerbungsunternehmen Donuts Inc. Für ihn sei es kein großes Ding, wenn ein Mitbewerber den Datei- oder Nutznernamen von Donuts gesehen habe; man selbst habe lediglich einen Dateinahmen gesehen, ohne daraus jedoch einen Rückschluss auf den Bewerber oder dessen Wunsch-Endung ziehen zu können. Insbesondere sei das Dokument selbst nicht einsehbar gewesen, womit Stahura die von ICANN gemachten Angaben bestätigt. Er sprach sich aber dafür aus, im Rahmen der Wiedereröffnung des TAS keine neuen Bewerbungen zuzulassen, und damit die von dotBERLIN befürchtete Hintertür gar nicht erst zu öffnen. Bisher gibt es jedoch keine Anzeichen, dass ICANN diesem Vorschlag folgen wird.

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