ccTLDs

ICANN arbeitet an einem Rentenplan für Länderendungen

Die country code Names Supporting Organisation (ccNSO), innerhalb der Netzverwaltung ICANN zuständiges Gremium für Länderendungen, hat einen Entwurf eines Pensionierungsplan für ccTLDs vorgelegt. Er klärt viele Fragen, stößt jedoch auf praktische Probleme.

Schon lange vor dem freiwilligen Rückzug von .brands kam es in Historie des Domain Name Systems immer wieder vor, dass sich Länderendungen verabschiedet haben. In vielen Fällen hatte das politische Gründe. So entfiel etwa mit dem Ende der Bundesrepublik Jugoslawien der Bedarf an .yu; zuletzt verschwand im Jahr 2015 .tp, die offizielle Länderendung der Demokratischen Republik Timor-Leste, auch als Osttimor bekannt. Ein formelles Regelwerk für die Pensionierung von ccTLDs gibt es bisher jedoch nicht, weshalb das ccNSO-Council im Dezember 2015 erste Diskussionen für dessen Einführung anstieß. Damit soll nicht nur die Vorhersehbarkeit dieser Entscheidungsprozesse, sondern vor allem ihre Legalität sichergestellt werden. Anlässlich eines Treffens vom 17. Juni 2021 legte die über 20 Mitglieder starke »Working Group on Retirement of country code Top-Level Domains« nun dem ccNSO-Council den Entwurf einer solchen »Proposed Policy for the Retirement of ccTLDs« vor.

Da weder ICANN noch die innerhalb ICANNs für die Zuordnung von Nummern und Namen zuständige Internet Assigned Numbers Authority (IANA) entscheiden, was unter einem Land zu verstehen ist, ist zentraler Anküpfungspunkt der geplanten Policy der »3166-1 alpha-2« Code der in Genf ansässigen Internationalen Organisation für Normung (ISO). Auslösendes Moment für das Eingreifen der geplanten Regelungen soll ein »Retirement Triggering Event (Trigger)« sein; dazu zählt vor allem die Löschung eines Codes von der ISO-Liste. Erfolgt eine solche Löschung, soll der IANA Naming Functions Operator (IFO) die zuständige Registry informieren, dass beabsichtigt ist, die dem Code entsprechende ccTLD innerhalb von fünf Jahren aus dem Domain Name System zu entfernen (»removal«); die Länderendung verschwindet also nicht über Nacht, sondern bleibt fünf Jahre in der Root Zone delegiert. Auf Antrag der Registry kann diese Frist auch verlängert werden, wenn zugleich ein für den IFO akzeptabler »Retirement Plan« vorgelegt wird. Spätestens nach weiteren fünf Jahren ist aber endgültig Schluss. Die Entscheidung über die Verlängerung trifft der IFO im eigenen Ermessen; sie ist ausserdem im Rahmen eines Beschwerdeverfahren überprüfbar. Allerdings scheint das Regelwerk im Entwurf noch nicht wasserdicht zu sein. Dazu gehören mögliche Konflikte im Fall der Nichteinhaltung des »Retirement Plan«, fehlende Kommunikation mit der zuständigen Registry, das Verschwinden von Inselstaaten wie Tuvalu aufgrund eines Anstiegs des Meeresspiegels bei gleichzeitigem Wunsch nach Erhaltung der ccTLD oder die Insolvenz einer Registry. Hier könnte es noch zu Anpassungen kommen.

Der Entwurf des Regelwerks liegt nun dem ICANN Board of Directors zur Entscheidung vor. Ob und bis wann dort ein Beschluss gefällt wird, ist offen. Unklar ist zudem, ob sich die geplante Policy auf Endungen wie .su auswirkt. Dabei handelt es sich nach den Standards der ISO um einen ehemals gültigen Code, der nicht mehr benutzt werden soll; gleichwohl ist eine Registrierung von .su-Domains aktuell noch möglich.

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