solingen.info

Top Level Domains finden Beachtung

Seit der Einführung der sieben neuen Top Level Domains .biz., .info, .museum, .pro, .coop, .aero und .name Ende 2000 stellte sich die Internetgemeinde die Frage, ob sich die zum Teil sehr speziellen Endungen als differenzierendes Merkmal auswirken und die deutsche Rechtsprechung ändern würden. Nun hat das OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.07.2003, Az.: 20 U 43/03) über die Domain solingen.info entschieden und in zweiter Instanz die Berufung des Beklagten wegen Namensrechtverletzung zurück gewiesen.

Geklagt hatte die Gemeinde Solingen gegen den Inhaber der Domain solingen.info, die mit dem von ihm betriebene regionale Portal solingen-info.de verlinkt war. Die Gemeinde verlangte die Unterlassung der Nutzung und die Übertragung der Domain solingen.info, womit sie vor dem Landgericht erfolgreich war. Die Berufung des Beklagten Domain-Inhabers war nur zu einem geringen Teil erfolgreich. Das OLG Düsseldorf bestätigte die Unterlassung, die Übertragung der Domain an die Gemeinde nicht.

Das OLG Düsseldorf unterzog diesen Fall einer gründlichen Prüfung. Eine Namensleugnung nach § 12 S. 1 Alt. 1 BGB, bei der der Namensnutzer das Recht des Namenträgers bestreitet, konnte es nicht erkennen, aber eine Namensanmaßung nach § 12 S. 1 Alt. 2 BGB. Der Domain-Inhaber benutzte als Nichtberechtigter einen fremden Namen ohne jeden Zusatz als Domain. Da der Internetnutzer davon ausgeht, dass der Namensträger den Domain-Namen nutzt, tritt beim Internetnutzer eine Zuordnungsverwirrung ein.

Der Beklagte verwies das Gericht auf seine Rechtsprechung im Fall duisburg-info.de (Urteil vom 15.01.2002, Az.: 20 U 76/01), bei dem es die Nutzung des Städtenamens als geopraphische Zuordnung akzeptierte. Da der Zusatz »info« sich da aber auf der Second Level Ebene befand, war dieses Urteil aus Sicht des Gerichts legitim. Im konkreten Fall verwende der Domain-Inhaber jedoch keinen Zusatz auf der Second Level Ebene. Das mache den Unterschied – und ist nachvollziehbar.

Im Detail sieht es dann aber noch ein wenig anders aus: Das OLG Düsseldorf ist nämlich der Ansicht:

»Bei in sich widersprüchlichen Domains (Beispiel: ›Karlsruhe.at‹) mag der Verkehr in der Tat, wie die Beklagte geltend macht, eine Zuordnung der Domain zur betreffenden Gebietskörperschaft nicht vornehmen. Ähnliches könnte auch für die Top-Level-Domain ›com‹ gelten. Insoweit mag die Top-Level-Domain von Belang sein. «
Aber bei .info ist das nicht von Belang, da .info
»nicht auf bestimmte Branchen oder Staaten begrenzt [ist]. Der Verkehr hat also auf Grund der Top-Level-Domain keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich nicht um die Domain des Namensträgers handelt.«
Für den Fall, dass zwei Namensgleiche, Markeninhaber oder Unternehmenskennzeichen nichtähnlicher Branchen aus unterschiedlichen Ecken des Globus sich um die Domain streiten sollten, gelte grundsätzlich der Prioritätsgrundsatz.

Beim Internetnutzer führe die Domain in Händen des Nichtberechtigten zur Zuordnungsverwirrung. Die Rechtsprechung, insbesondere die des BGH, hat in der Vergangenheit allerdings deutlich gemacht, dass solch eine Zuordnungsverwirrung durch den Inhalt der Homepage ausgeräumt werden könne. Im Fall solingen.info sah das OLG Düsseldorf jedoch keine Möglichkeit, die Zuordnungsverwirrung auszuräumen. Die aktuelle Inhalt der Homepage reiche dazu nicht aus. Es gehe aus ihm nicht hinreichend hervor, das es sich nicht um die Website der Klägerin handele. Die vom Inhaber der Domain angebrachten Hinweise, der Vermerk Powert by X und ein Link mit der Bezeichnung »Informationen der Stadt Solingen«, seien nicht aussagekräftig; der Link könnte auch als interner Link aufgefasst werden.

Vorbildlich prüft das Gericht dann, ob es denn ein milderes Mittel als die Freigabe der Domain gäbe und verwies dabei auf die Entscheidung des BGH über die Domain vossius.de, bei der der Domain-Inhaber zur Anbringung eines deutlichen Hinweises verpflichtet wurde. Das OLG Düsseldorf prüfte, ob der Streit durch Umgestaltung der Homepage beendet werden könnte. Nach Ansicht des Senats besteht jedoch keine Möglichkeit, die Zuordnungsverwirrung dadurch auszuschließen, dass die Homepage umgestaltet wird. Zwar liesse sich die Zuordnungsverwirrung sehr schnell ausräumen, aber die berechtigte Gemeinde wäre damit trotzdem von der Nutzung der Domain ausgeschlossen. Auch wenn sie die Domain solingen.de nutze. Mithin musste der Domain-Inhaber die Domain solingen.info freigeben.

Ob mit diesem Urteil und dem aktuellen Urteil des LG Hamburg zur Domain tipp.ag, bei dem das Gericht davon ausgeht, dass unter der Top Level Domain ».ag« Internetnutzer Domains von Aktiengesellschaften erwarten, nun die kopernikanische Wende bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von TLDs eingeleitet wird, darf leider trotzdem bezweifelt werden. Wenn es auch in manchen Fällen wünschenswert wäre. Aber anhand solcher Entscheidungen wird deutlich, dass die Gerichte die Top Level Domain nicht einfach übergehen dürfen. Das OLG Düsseldorf liess anklingen, hätte der Domain-Inhaber solingen.com registriert, so hätte die Stadt keinen Erfolg gehabt, weil der Internetnutzer unter .com ein kommerzielles Angebot erwartet und nicht Informationen zur Stadt Solingen. Diesen Gedanken sollte man einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, damit er dort auch hängen bleibt. Entscheidungen wie badwildbad.com (OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.06.1999, Az.: 6 U 62/99) und wdr.org (LG Köln, Urteil vom 25.05.2000, Az.: 33 O 216/00) wären dann nicht mehr vertretbar. Andere Entscheidungen wie etwa steiff.com (OLG Stuttgart, Urteil vom 03.02.1998, Az.: 2 W 77/97) blieben weiter korrekt.

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