LG Schwerin

Lücke im Namensrecht?

Das Landgericht Schwerin hat eine Namensrechtsentscheidung (Urteil vom 14.03.2008, Az.: 3 O 668/06) getroffen, die prima vista folgenschwer sein könnte: Durch nachträgliche Gründung oder Umbenennung eines Vereins, könnte man Dritten ihre früher registrierten Domains nehmen. Ob das in der Praxis machbar ist, darf bezweifelt werden. Doch die Entscheidung bleibt an dieser Stelle, mangels entsprechender Erläuterungen, zwiespältig.

Die Klägerin ist ein aus einer Bürgerinitiative „Braunkohle Nein“ entstandener eingetragener Verein, dessen Vereinsname zunächst „Bürgerbewegung Braunkohle-Nein e.V.“ war und seit März 2007 „Braunkohle-Nein e.V.“ lautet. Der Verein verlangt vom Beklagten, ein ehemaliges Mitglied des Vereins, die Freigabe der Domain braunkohle-nein.de, die dieser am 14.08.2005 auf sich registriert hat und unter der er umfassende Informationen über den Verein anbot. Nach seinem Austritt forderte der Verein vom Beklagten erfolglos, die Domain auf ihn zu übertragen. Mithin blieb ihr der Klageweg, den sie unter Berufung auf die Verletzung ihres Namensrechts beschritt.

Das LG Schwerin bestätigte die Ansicht des klagenden Vereins. Nach Auffassung des Gerichts liegt eine Namensrechtsverletzung seitens des Domain-Inhabers vor, da dieser unbefugt den Namen der Klägerin benutzt. Die Klägerin hat ihm die Nutzung des Namens nicht erlaubt und der Beklagte selbst erklärte, er sei von dem Verein nicht beauftragt worden, die Domain für diesen zu registrieren. Zudem hat der Beklagte selbst kein Namensrecht an der Bezeichnung. Ein solches ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass er als Gegner des Braunkohleabbaus die Domain genutzt habe. Es fehle an einem hinreichend erkennbaren personenbezogenen und individualisierbaren Auftreten des Beklagten und dieser Bezeichnung im Rechtsverkehr. In der Folge konnte der Beklagte auch mit seinem Verweis auf den Prioritätsgrundsatz nicht durchdringen. Den Prioritätsgrundsatz sieht das LG Schwerin mit der gängigen Rechtsprechung lediglich bei Namensgleichheit, die hier aber nicht vorliegt. Folglich musste das Gericht von einer namensrechtlichen Zuordnungsverwirrung ausgehen, womit die Interessen des klagenden Vereins verletzt waren.

Der Beklagte sieht nach diesem Urteil die Verletzung des Prioritätsgrundsatzes des „first come, first served“ und damit die Auflösung der Rechtsprechung und eine neue Abmahnwelle. Doch so einfach ist es nicht. In der Tat wird der Prioritätsgrundsatz in der Domain-Rechtsprechung immer im Verhältnis von Gleichnamigen gesehen. Das Gericht hat hier festgestellt, dass der Beklagte nicht den gleichen Namen trägt wie der klagende Verein. Letzterer hingegen hat einen langen Weg hinter sich, bis er als genau diese Verein eingetragen wurde. Das geschah, soweit nachvollziehbar, während des laufenden Prozesses. Auf diesen Umstand ging das Gericht indes nicht ein; es wäre freilich geboten gewesen. Zur Zeit macht die Sache den Anschein, als hätte die Klägerin sich selbst erst in Form bringen müssen, damit der als „Bürgerbewegung Braunkohle-Nein e.V.“ begonnene Rechtsstreit auch wirklich erfolgreich endet. So bleibt dieses Urteil zwiespältig. Doch da der Beklagte in Berufung gehen will, kann dieses Bild noch zurecht gerückt werden; und sei es, dass der Beklagte noch Recht bekommt.

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