Bereits im Herbst 2011 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem verzwickten Streit um den Domain-Namen landgut-borsig.de geurteilt und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Nun liegen die Urteilsgründe vor (Urteil vom 28.09.2011, Az.: I ZR 188/09).
Der Kläger ist ein Nachfahre der Industriellenfamilie von Borsig, die im Besitz des »Gut Groß Behnitz« westlich von Berlin war und die 1947 enteignet wurde. Der Beklagte zu 1) ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 2), der Landgut Borsig Kontor GmbH. Er hatte im Jahr 2000 von der Treuhandgesellschaft einen Teil des Guts erworben und die Domain landgut-borsig.de registriert. Beide verwendeten im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes den Begriff »Landgut Borsig Groß Behnitz«. Der Kläger sah darin eine Verletzung seines Namensrechts. Er verlangte von den Beklagten unter anderem die Unterlassung des Namens »Borsig«, insbesondere die Verwendung des Begriffs »Landgut Borsig«, und die Freigabe der Domain. Vor dem Landgericht und dem Kammergericht jeweils in Berlin war der Kläger weitgehend erfolgreich, jedoch zogen die Beklagten in Revision vor den Bundesgerichtshof, der die vorangegangenen Urteile aufhob und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwies.
Aus Sicht des BGH ist die Sachlage noch unklar, denn es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Name »Landgut Borsig« für das Gut Groß Behnitz im Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme durch die Beklagten derart verselbständigt hatte, dass die Zustimmung des Klägers zur Benutzung des Namens »Borsig« sowohl für die Liegenschaft selbst als auch für die Beklagte zu 2) und deren Geschäftsbetrieb nicht mehr erforderlich war. Das Gericht erkennt eine dem Namen einer Person entsprechende Unterscheidungs- und Identitätsfunktion auch der Bezeichnung eines Gebäudes zu, wenn sie im Sprachgebrauch des relevanten Verkehrs zu seiner Benennung anerkannt ist. Ein Erwerber der Immobilie erlangt dann auch die mit ihr im Zeitpunkt des Erwerbs etwa verbundene Befugnis zur entsprechenden Namensführung. Entscheidend ist für den BGH, dass zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Zum einen muss ein objektiv berechtigtes Interesse an der Benennung bestehen, etwa weil durch die Bezeichnung auf die besonderen Beziehungen einer bekannten Persönlichkeit des kulturellen oder politischen Lebens zu einem Gebäude (Geburtshaus, Wohnhaus) hingewiesen werden soll; zudem muss diese Bezeichnung im Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme im allgemeinen Sprachgebrauch des maßgeblichen Verkehrs üblich sein. Bezogen auf das streitige Landgut kommt es dabei in erster Linie auf den Sprachgebrauch in der Gegend an, in der es belegen ist; ein jedenfalls nicht unerheblicher Teil der relevanten Verkehrskreise muss das Gebäude als solches unter diesem Begriff benennen. Da das Berufungsgericht unter Verletzung von § 286 ZPO keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Bezeichnung »Landgut Borsig« für die Liegenschaft in den relevanten Verkehrskreisen üblich war, muss es diese Frage erneut klären. So hatten die Beklagten unter anderem mehrere Zeugen und hilfsweise Sachverständigengutachten zum Beweis dafür angeboten, dass der Volksmund in Groß Behnitz die Liegenschaft seit langem und auch nach der Wiedervereinigung bis heute als „Landgut Borsig“ bezeichne. Es mag daher sein, dass sich der Begriff »Landgut Borsig« durch den Sprachgebrauch in der näheren Umgebung verselbstständigt hat und nur unmittelbar das »Gut Groß Behnitz« bezeichnet.
Die Entscheidung des BGH ist erneut für das Domain-Recht wegweisend. Mit dem Erwerb eines Gebäudes oder Grundstücks kann das Recht verbunden sein, dieses Anwesen mit dem Namen eines früheren Eigentümers zu bezeichnen. Ein solches Namensrecht wäre dann neu verankert: um sich darauf beziehen zu können, muss der Nutzer nicht auf eine Zustimmung etwaiger Namensträger zurückgreifen, sondern das Eigentum an einem Gebäude oder Grundstück berechtigt zur Nutzung eines Namens, den es gar nicht offiziell, sondern nur im Sprachgebrauch trägt.
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