hudson.de

Der Familienname zählt

Einer der immer wieder auftauchenden Fragen im Domain-Recht, ist die nach dem Vorrang von Domain oder Marke. Jemand hat seine Domain vor Jahren registriert und es kommt ein Markeninhaber und verlangt die Domain, weil er als Markeninhaber bessere Rechte an der Domain habe.

Wie in solchen Fällen zu entscheiden ist, hängt von den berühmten Umständen des Einzelfalles ab. Die Rechtsprechung dazu ist umfangreich und divergiert. Richtungsweisend zeigte sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) mit seiner Entscheidung zur Domain shell.de. Aber die Rechtsposition des BGH ist nicht bindend für andere Gerichte. Das zeigte sich in der Entscheidung des Landgericht Düsseldorf über die Domain hudson.de (Urteil vom 27.08.2003, Az.: 34 O 71/03).

Bereits im August 1996 hatte Phil Hudson die Domain registriert und seit dem privat und zum Wohle anderer mit Namen Hudson genutzt. Das Bekleidungsunternehmen Hudson, Inhaberin der Marke »Hudson«, hatte sich 1997 erstmals beim Domain-Inhaber gemeldet und um Freigabe der Domain gebeten. Der Domain-Inhaber ging darauf nicht ein und wies die im zwei Jahres Rhythmus folgenden Anfragen ebenfalls zurück. Dann kam die shell.de-Entscheidung des BGH und das Unternehmen fasste neuen Mut: unter Verweis auf die BGH-Entscheidung forderte es nun den Inhaber zur Unterlassung der Nutzung und Übertragung der Domain auf, weil man ja als berühmtes Unternehmen offensichtlich die besseren Rechte habe. Weitere Verhandlungen scheiterten.

Phil Hudson gab nicht klein bei, sondern erhob eine negative Feststellungsklage bei der das angerufene Gericht dem Antrag des Klägers folgte. Das LG Düsseldorf stellte fest, dass das Beklagte Bekleidungsunternehmen keinen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung und Übertragung der Domain hudson.de gegen den klagenden Inhaber der Domain hat.

In den Entscheidungsgründen heisst es,

»dass der Kläger ein legitimes eigenes Interesse an der Registrierung und Nutzung der Internet-Domain „hudson.de“ hat. Er besitzt Namensrechte gemäß § 12 BGB an seinem mit der Domain identischen Namen „Hudson“. Dementsprechend ist er gegenüber der Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Priorität unter Gleichnamigen berechtigt, die streitgegenständliche Domain zu halten und zu nutzen.«
Das LG Düsseldorf nahm in diesem Zusammenhang auch zur shell-de-Entscheidung des BGH Stellung, da die Beklagte sich auf dieses Urteil bezogen hatte. Hinsichtlich dieser höchstrichterlichen Entscheidung hegt das LG Düsseldorf bedenken: Der BGH hatte seiner Zeit gegen den aufgrund seines Namens berechtigten Domain-Inhabers entschieden und dem Ölkonzern Shell wegen der Berühmtheit seines Namens die Domain zugesprochen. In den Leitsätzen heisst es:
»Kommen mehrere berechtigte Namensträger für einen Domain-Namen in Betracht, führt die in Fällen der Gleichnamigkeit gebotene Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen im allgemeinen dazu, daß es mit der Priorität der Registrierung sein Bewenden hat. Nur wenn einer der beiden Namensträger eine überragende Bekanntheit genießt und der Verkehr seinen Internet-Auftritt unter diesem Namen erwartet, der Inhaber des Domain-Namens dagegen kein besonderes Interesse gerade an dieser Internet-Adresse dartun kann, kann der Inhaber des Domain-Namens verpflichtet sein, seinem Namen in der Internet-Adresse einen unterscheidenden Zusatz beizufügen.«
Im Streit um die Domain hudson.de stellte sich die Frage an dieser Stelle jedoch nicht, weil seitens des Beklagten die überragende Bekanntheit der Marke und die Erwartungen des Verkehrs nicht dargetan worden waren. Zudem hat der Kläger sein besonderes Interesse an der Domain gezeigt, indem er sie bereits 8 Jahre lang inne habe und auf die Angebote der Beklagten nie eingegangen war.

Das LG Düsseldorf thematisiert aber noch ein weiteres Argument auf, das zu Gunsten des Klägers greifen würde, auch wenn er die vorangegangenen Kriterien nicht erfüllen würde: Die Beklagte habe etwaige Ansprüche verwirkt, weil sie nicht sogleich konsequent Ansprüche durchzusetzen versucht hat, sondern jahrelang zögerte:

»Nachdem die Beklagte bereits seit Jahren Kenntnis davon hatte, dass der Kläger Inhaber dieser Domain war und selbst bereits in der Vergangenheit mehrfach, erstmals durch die Muttergesellschaft der Beklagten bereits im Januar 1997, mit dem Kläger versucht hat, zu einer Einigung über die Übertragung der Domain auf die Beklagte zu gelangen, andererseits aber in dem gesamten Zeitraum nie klageweise versucht hat, ihre Rechte dem Kläger gegenüber geltend zu machen, konnte der Kläger nun darauf vertrauen, eine gesicherte und bestandskräftige Rechtsposition an seiner streitgegenständlichen Domain zu haben, so dass eine weitere Geltendmachung der Beklagten an Rechten an dieser Domain nunmehr gegen § 242 – Treu und Glauben – verstößt.«
An dieser Stelle war es einfach, auf die Verwirkung zu verweisen, da das beklagte Unternehmen früh angefragt hatte und dieser Umstand problemlos nachzuweisen war. Anders liegt der Fall, wenn eine solche Anfrage nicht vorliegt und man ein jahrelanges Zögern nicht nachweisen kann.

Mit der Entscheidung des LG Düsseldorf wird die Diskussion um den Vorrang von Name oder Marke, der Frage nach der Priorität und dem Prinzip des »first comes, first served« wieder ins Rollen gebracht. Zu Recht.

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