kino.to

Impressumspflicht für die Polizei?

Die Husumer Cineastentreff GbR hat das Sächsische Staatsministerium des Inneren abgemahnt, weil die behördlicherseits gesperrte Domain kino.to kein Impressum aufweist. Umstritten ist, ob es sich um einen Mediencoup handelt oder einen Schuss, der nach hinten losgeht.

Wer in diesen Tagen die Domain kino.to aufruft, erhält statt der üblichen Linklisten zu Streaming-Angeboten von Kinofilmen einen Hinweis der Kriminalpolizei. Dort heißt es, dass die Domain wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur gewerbsmäßigen Begehung von Urheberrechtsverletzungen geschlossen und mehrere Betreiber des Angebots festgenommen wurden; weitere Kontaktdaten fehlen. Die Cineastentreff GbR, die ihrerseits das Angebot cineastentreff.de betreibt, nahm dies zum Anlass, am 15. Juni 2011 das sächsische Innenministerium anwaltlich abzumahnen. In der Abmahnung macht die Gesellschaft einen Verstoß gegen § 5 Telemediengesetz sowie gegen § 55 RStV geltend, da weder ein Impressum vorgehalten werde noch eine Anbieterkennzeichnung vorhanden ist. Bis zum gestrigen Mittwoch hatte das Ministerium Zeit, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und die Kosten der Abmahnung zu übernehmen. Ergänzend wurde auf die Ordnungswidrigkeit des Verhaltens verwiesen und eine Anzeige vorbehalten.

Es ist jedoch zweifelhaft, ob der GbR ein solcher Anspruch zusteht. § 5 des Telemediengesetzes setzt ein geschäftsmäßiges Angebot voraus; ein solches Handeln dürfte auf Seiten der Polizei kaum vorliegen. Somit könnte lediglich § 55 Abs. 1 RStV zur Anwendung kommen. Allerdings müsste die Gesellschaft dann vor allem in einem Wettbewerbsverhältnis mit dem Ministerium stehen; eine bloße Warnung der Polizei dürfte jedoch kaum genügen, um ein solches Verhältnis zu begründen. Spekuliert wird daher, dass die Verbreitung des Abmahnschreibens vorrangig der Eigenwerbung dient. Im Internetangebot der GbR heißt es wohl auch deshalb, dass offenbar nicht mal Behörden in der Lage seien, die schwammige und völlig unklaren gesetzlichen Regelungen einzuhalten und man eine Diskussion anregen wolle.

Während dieser Nebenkriegsschauplatz die Schlagzeilen dominiert, zumal die Strafbarkeit der Betreiber von kino.to ohne Kenntnis ihrer konkreten Tatbeiträge noch Gegenstand des laufenden Ermittlungsverfahrens ist, streiten Juristen darüber, ob sich auch die Nutzer des Angebots strafbar gemacht haben. Grundsätzlich ist das bloße Betrachten mangels Nutzungshandlung keiner Strafe unterstellt; allerdings finden sich gewichtige Stimmen, für die das Zwischenspeichern eines Streams im Cache des Computers eine Vervielfältigung im Sinne von § 16 UrhG und damit einen Eingriff in fremde Urheberrechte darstellt. Folgt man dieser Ansicht, ist streitig, ob Ausnahmeregelungen wie § 53 Abs. I S. 1 UrhG (Privatkopie) oder § 44a UrhG (Vorübergehende Vervielfältigung) greifen; gerade letzteres ist heftig umstritten. Möglicherweise kommt es darauf aber gar nicht an: ob die Nutzer überhaupt noch zu ermitteln sind, ist durchaus fraglich, da schon unklar ist, ob kino.to die IP-Adressen seiner User erfasst hat. Und allein der Aufruf der Domain ist, da sind sich die Juristen einig, nicht strafbar. Bleibt zu hoffen, dass die Filmindustrie selbst ein legales Angebot schafft, das dem offenbar bestehenden Verlangen der Nutzer nach einer solchen Dienstleistung Rechnung trägt.

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