Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom März diesen Jahres mehr Klarheit zu den Verantwortlichkeiten der im Online-Impressum genannten Entitäten gebracht:
Die Angabe einer vom Hauptsitz abweichenden Betriebsstätte im Impressum einer Website darf ein Kunde, der über diese Website ein Vertragsangebot abgibt, in der Regel dahin verstehen, dass die angegebene Stelle im Namen des Stammhauses die Leistungen anbietet, Vertragsangebote entgegennimmt und gegebenenfalls deren Annahme erklärt.
Hintergrund für die Entscheidung ist der Online-Kauf eines Erste-Klasse Flugtickets für EUR 582,97 von San Francisco nach Paris und London über die deutsche Website einer französischen Fluggesellschaft. Im Impressum unter der .de-Domain waren sowohl eine deutsche Niederlassung nebst deren Geschäftsführer als auch der Hauptsitz in Frankreich wiedergegeben. Die Fluggesellschaft stornierte das Flugticket und begründete das mit einem Systemfehler. Der Bucher hält den Vertrag weiter für wirksam und verlangt Schadensersatz, zunächst in Höhe des regulären Preises von EUR 10.578,86 des Flugtickets, später unter Abzug des Preises, den er für sein Ticket gezahlt hat. Er erhob Klage vor dem Landgericht Frankfurt/Main. Die beklagte Fluggesellschaft hielt einerseits die fehlende internationale Zuständigkeit entgegen und verwies andererseits darauf, den Vertrag wegen Erklärungsirrtums, zumindest aber wegen eines offenen Kalkulationsirrtums wirksam angefochten zu haben. Das Landgericht wies die Klage wegen Unzuständigkeit ab. Der Kläger ging in Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt, das die Berufung zurückwies und das Urteil des Landgerichts bestätigte. Das OLG Frankfurt meint, es ergäbe sich hier keine internationale Zuständigkeit aus Art. 7 Nr. 5 Brüssel-Ia-VO (siehe unten), da der Rechtsstreit nicht eine Streitigkeit aus dem Betrieb der Niederlassung in Deutschland betreffe. Diese Niederlassung sei nur zu Marketingzwecken da und nicht mit der Buchung von Flügen beschäftigt. Eine weitere Zuständigkeitsnorm sei auf Beförderungsverträge nicht anwendbar, und Art. 33 des Montrealer Abkommens sei ebenfalls nicht einschlägig. Das OLG Frankfurt ließ in dieser Sache die Revision zu, die der Kläger auch wahrnahm: er ging zum Bundesgerichtshof.
Der Bundesgerichtshof ist der Meinung, das Landgericht habe die Klage zu unrecht als unzulässig abgewiesen. Die Beurteilung der Rechtslage durch das OLG Frankfurt halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, weshalb der BGH die Sache an das Landgericht zurückverwies (BGH, Urteil vom 16.03.2021, Az: X ZR 9/20). Der BGH meint, die Beklagte unterhalte eine Zweigniederlassung in Frankfurt im Sinne des Art. 7 Nr. 5 Brüssel-Ia-VO, da es sich dabei um einen Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit handele, der auf Dauer als Außenstelle des Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass sich Dritte zum Betreiben von Geschäften nicht unmittelbar an das Stammhaus zu wenden brauchen. Hier seien unter anderem Mitarbeiter tätig, die spezielle Angebote für in Deutschland ansässige Reisebüros und Firmenkunden erstellen; zudem habe der Geschäftsführer für Deutschland dort seinen Sitz. Das spreche gegen die Unselbständigkeit der Betriebsstätte und die Abhängigkeit vom Hauptsitz. Die geschäftsinternen Abläufe seien dabei nicht ausschlaggebend, sondern die Art und Weise, in der die Niederlassung gegenüber Dritten im Geschäftsverkehr auftrete. Der Rechtsstreit stehe auch in Bezug zu dieser Zweigniederlassung, da sie eine Verpflichtung im Namen des Stammhauses eingegangen sei. Die Buchung des Fluges sei auf der .de-Website des Anbieters erfolgt, wobei die dem Impressum der Website zu entnehmende deutsche Zweigniederlassung das Geschäft abgeschlossen habe. Die Angaben im Impressum dienen der Transparenz und der Information über die Person, die einen Teledienst anbietet, um einen Anknüpfungspunkt für eine Rechtsverfolgung zu haben. Der Kläger durfte die für das Angebot genutzte .de-Domain nebst der Verwendung der deutschen Sprache dahin verstehen, dass die deutsche Betriebsstätte die Buchung anbietet. Dass im Impressum auch der in Frankreich gelegene Hauptsitz der Fluggesellschaft angegeben ist, stehe dem nicht entgegen, da sie aus Kundensicht mit der deutschen Betriebsstätte deutschen Kunden gegenübertrete. Dafür spreche auch, dass auf dem gebuchten elektronischen Flugticket der Ort der Betriebsstätte als Ausstellungsort angegeben ist. Unerheblich sei, dass die Mitarbeiter der Zweigniederlassung nicht an der Gestaltung der Website und der Abwicklung des darüber getätigten Buchungsvorgangs beteiligt gewesen seien. Den betriebsinternen Abläufen komme keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Ebenfalls fallen die unter einer .fr-Domain gesandten eMails nicht ins Gewicht, da dies keinen hinreichenden deutlichen Hinweis darauf gebe, die für den Vertragsschluss maßgebliche Person sitze in Frankreich. Die Beklagte müsse sich an dem von ihr gesetzten Anschein festhalten lassen.
Da beide Vorinstanzen bisher nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden hatten, erschien es dem BGH sachdienlich, die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, damit es, nachdem die Zulässigkeit jetzt geklärt ist, in der Sache zu prüfen und zu entscheiden hat.
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Nach Art. 7 Nr. 5 Brüssel-Ia-VO kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem sich diese befindet, verklagt werden, wenn es sich um Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung handelt.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.