Domain-Sharing

Konfliktlösung durch geteilte Domains

Der Zweck eines Domain-Namens ist es, eine sich hinter dem Begriff verbergende Person oder ein Unternehmen über die Adresszeile des Browsers schnell und direkt zu erreichen. Doch durch einen Internetauftritt ist es plötzlich möglich, dass die Namens- und Kennzeichenrechte von möglicherweise sogar in völlig unterschiedlichen Ländern oder Branchen tätigen Unternehmen kollidieren. Lebte man zuvor jahrzehntelang friedlich nebeneinander her, so kann es im Wunsch nach der besten Domain zu ernsthaften Interessenskonflikten kommen. Grund ist das bekannte Prioritätsprinzip des „First come, first served“: ein Domain-Name kann unterhalb einer Top Level Domain wie .de oder .com weltweit nur ein einziges Mal vergeben werden. Für dieses Problem gibt es unterschiedliche Lösungswege.

Erste Möglichkeit wäre, auf einen anderen Domain-Namen auszuweichen oder für den identischen Begriff einen Zusatz zu wählen. In dieser Alternative bleibt aber klar: die Kürze und Attraktivität als prägnanter Bestandteil des Namens oder der Marke wird zumindest verwässert. Denkbar wären auch juristische Schritte zum Beispiel aus dem Namens- oder Markenrecht, welche bei gleichrangigen Rechten jedoch oftmals nicht zum Erfolg führen. Auswege bietet hier weiter der Domain-Handel, also der Kauf oder die Pacht des gewünschten Namens. In der Praxis scheitert diese Möglichkeit aber häufig am fehlenden Verkaufswillen oder gar völlig überzogenen Vorstellungen über die Kaufpreis bzw. Pachtsumme.

Am naheliegendendsten wäre es daher eigentlich, den identischen Domain-Namen im Weg des Domain-Sharings unterschiedlichen Personen zur Verfügung zu stellen. Dabei bieten sich zwei verschiedene Wege an:

1. Lizenzgewährung

Der Domain-Inhaber räumt als Lizenzgeber einem anderen im Weg der Lizenzgewährung das Recht ein, die Domain mit ihm zu teilen. In der Praxis wird vor das eigentliche Webangebot eine Indexseite geschaltet, auf der sich der Nutzer für das gesuchte Angebot entscheidet. Per Link wird er dann auf sein eigentliches Ziel weitergeleitet. Teile der Indexseite wiederum können zu Werbezwecken belegt werden und bringen durch eine gesteigerte Besucherzahl entsprechende Einnahmen. Für das Modell der Lizenzgewährung finden sich bereits zahlreiche Beispiele:

Unter kaefer.de hat der User die Wahl, ob er zur Volkswagen AG oder zum Münchner Feinkosthändler möchte. Hier macht Domain-Sharing insbeson-
dere Sinn, da mit kaefer.com die begehrte .com-Domain schon an einen Dritten vergeben ist. Auch in dem in der juristischen Praxis so häufig strittigen Bereich der Städte-Domains findet sich Domain-Sharing: unter feldberg.de gelangt man wahlweise zu Feldberg an der Mecklenburgischen Seenplatte oder der Stadt Feldberg im Schwarzwald. Auch in der Schweiz teilt sich die Stadt Winterthur unter winterthur.ch eine Präsenz mit dem gleichnamigen Versicherungskonzern. Interessanterweise ist zwar die Stadt als Inhaber der Domain im WHOIS-Verzeichnis eingetragen; als tech-c fungiert dagegen die Versicherung und hat so die technische Oberhand über die Adresse. Im Bereich der gleichnamigen natürlichen Personen lassen sich schließlich unter der Domain stewartwashburn.com zwei amerikanische Unternehmensberater finden.

2. Mitinhaberschaft

Die zweite Möglichkeit neben der Lizenzgewährung ist die Mitinhaberschaft am Domain-Namen. Juristisch gesehen ist eine Domain ein Nutzungsrecht an einem bestimmten Namen, welches selbstverständlich auch mehreren Personen oder Unternehmen zustehen kann. Beide sind dann gleichberechtigte Inhaber der Domain. Das wohl bekannteste Beispiel dieser Variante des Domain-Sharings ist scrabble.com: der Eintrag im WHOIS-Verzeichnis belegt, dass sich hier die konkurrierenden Spielzeugriesen Hasbro und Mattel die Domain zum gleichnamigen weltbekannten Brettspiel teilen.

3. Zusammenfassung

Die Beispiele aus der Web-Praxis belegen, welch vielfältige Vorteile das Domain-Sharing mit sich bringt:

An erster Stelle steht, dass interessierte Nutzer und damit potentielle Kunden nicht verloren gehen. Denn wer ein Webangebot ins Internet stellt, hofft auf größtmögliche Besucherzahlen. Gedient ist damit allen Beteiligten: Der User findet schnell und direkt sein Ziel, der Anbieter wird leicht gefunden. Zudem bleibt eine eigentlich blockierter Adresse weiterhin nutzbar – trotz Prioritätsprinzip. Auch im Hinblick auf mögliche wettbewerbsrechtliche Vorwürfe wegen zielgerichteter Monopolisierung eines Gattungsbegriffes und damit einer Kanalisierung des Kundenstroms wird eine zusätzliche Ausweichmöglichkeit geschaffen. Besonders in der Rechtsprechung wird dieses Instrument derzeit noch kaum genutzt, obwohl die Lösung naheliegend scheint. Im Bereich der Lizenzgewährung wird der Domain-Inhaber eine Lizenz regelmässig nur gegen eine Gebühr einräumen. Somit kann die Domain auch als Einnahmequelle dienen. In Abgrenzung zur Pacht dürften die Gebühren weitaus niedriger liegen, da die Domain nur teilweise zur Verfügung steht.

Nicht verschwiegen werden darf, dass es im Rahmen des Domain-Sharings zur Verwechslung beim Nutzer kommen kann oder er eigentlich unabhängige Institutionen als rechtlich oder wirtschaftlich zusammengehörend vermutet. In gleichem Umfang droht auch eine Verwässerungsgefahr eines Namens, wenn mit einer Bedeutung des Begriffs eher positive, mit dem anderen jedoch negative Assoziationen hervorgerufen werden.

Eine pauschale Beurteilung ist hier sicherlich nicht möglich, zuviel hängt an den Umständen des Einzelfalls. Schon im Interesse der User ist es allerdings zu wünschen, dass Domain-Sharing eine weitere Verbreitung findet.

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