Mit einem für Domain-Streitigkeiten ungewöhnlichen Aufhänger im Insolvenzrecht hatte sich das OLG Saarbrücken zu beschäftigen. Demnach kann der Verwalter einer insolventen Gesellschaft die Übertragung einer Domain auf eine angestellte Mitarbeiterin anfechten, wenn damit andere Gläubiger benachteiligt werden sollen und dies der Mitarbeiterin bekannt war (Urteil vom 10.06.2009, Az. 8 U 102/08).
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der G. GmbH. Dem Verfahren ging ein Insolvenzantrag vom 14. Februar 2005 voraus; weitere Anträge folgten. Zum Vermögen der Insolvenzschuldnerin gehörten mehrere Domain-Namen, die sie jedoch durch binnen eines Monats vor Antragstellung getroffene Vereinbarungen zum Ausgleich rückständiger Lohnforderungen für die Monate Oktober bis Dezember 2004 auf die Beklagte übertragen hatte. Die Beklagte hatte wiederum ihrerseits die Domains am 5. März 2006 gegen Zahlung von EUR 1.000,– auf einen Dritten übertragen. Der Kläger hatte ursprünglich die Übertragung der Domains von der Insolvenzschuldnerin auf die Beklagte nach den Vorschriften der Insolvenzordnung angefochten und deren Rückübertragung geltend gemacht; in Folge der Übertragung auf den Dritten verlangte der Kläger nun Schadensersatz in Höhe von EUR 30.000,- von der Beklagten. Er behauptete unter anderem, die Beklagte habe als Lebensgefährtin des Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin auch Kenntnis von deren Zahlungsunfähigkeit gehabt. Nachdem der Beklagten eine Rückübertragung nicht mehr möglich sei, müsse sie Schadensersatz leisten; dieser belaufe sich auf EUR 30.000,–, da sich nur ein um diesen Betrag reduzierter Kaufpreis für das Vermögen der Insolvenzschuldnerin erzielen habe lassen. Das Landgericht Saarbrücken gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung; hiergegen wandte sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Das OLG Saarbrücken folgt dem LG zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil. Während das Landgericht noch der Ansicht war, die Domain-Übertragung stelle ein nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbares Rechtsgeschäft dar, hob das Oberlandesgericht auf die vorsätzliche Benachteiligung nach § 133 InsO ab. Nach dieser Vorschrift kann der Insolvenzverwalter eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, anfechten, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. In der Praxis ist ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners oft schwer zu beweisen. Das OLG konnte jedoch darauf verweisen, dass die Domain-Übertragung der Beklagten eine inkongruente Befriedigung gewahrt habe, da sie nach ihrem eigenen Vortrag nur Anspruch auf Zahlung ihres Lohns für die Monate Oktober bis Dezember 2004 hatte, nicht aber auf Übertragung der Internetdomains der Insolvenzschuldnerin; in einer solchen inkongruenten Befriedigung liegt ein starkes Beweisanzeichen für Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, das die Beklagte nicht entkräften konnte. Die Beklagte hatte nach Ansicht des Gerichts auch Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, da sie selbst einräumte, mit der Übertragung der Domains anstelle des ihr eigentlich zustehenden, aber seit Monaten rückständigen Lohns einverstanden gewesen zu sein. Da schließlich ein Zeuge auch die Ausführungen des Klägers zur Schadenshöhe bestätigte, war die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen und die Berufung zurückzuweisen.
Nachdem das OLG die Revision nicht zugelassen hatte, blieb der Beklagten lediglich der Weg in Form einer Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof, doch auch der BGH wies einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde zurück (Beschluss vom 05.11.2009, Az. IX ZA 29/09). Nach allgemeiner Lebenserfahrung sind Schuldner nach Ansicht des BGH regelmäßig nicht bereit, anderes oder mehr zu leisten, als sie schulden. Tun sie das dennoch, so müssen dafür im Allgemeinen besondere Beweggründe vorliegen. Das weiß auch der Leistungsempfänger; eine entsprechende Bevorzugung weckt in ihm daher den entsprechenden Verdacht. Für das Insolvenzanfechtungsrecht mag diese Entscheidung daher wenig Neues bringen; welch hohen Wert Domain-Namen inzwischen aber sogar beim Verkauf eines insolventen Unternehmens haben können, unterstreicht das Urteil indes eindrucksvoll.