LG Heilbronn

Der Käufer einer Glücksspiel-Domain haftet für Altschulden

Wer eine Domain samt Kundenaccount übernimmt und das damit verbundene Angebot fortführt, haftet unter Umständen auch für die Altverbindlichkeiten. Das hat das LG Heilbronn (Urteil vom 10. Februar 2023 – Az. We 6 O 345/21) festgestellt.

Die Klägerin nahm im Zeitraum 2016 bis 2021 auf einer unter einer .com-Domain erreichbaren Casino-Seite an Online-Glücksspielen wie Poker, BlackJack und Online-Roulette teil. Hierzu hat die Klägerin Spieleinsätze in Höhe von insgesamt EUR 28.759,00 eingebracht; dem standen Auszahlungen in Höhe von EUR 22.532,00 gegenüber. Der Differenzbetrag von EUR 6.227,00 ist nun Gegenstand der Klage. Bis in das Jahr 2020 wurde das Online-Angebot von einer Gesellschaft mit Sitz in der Republik Malta betrieben. Die jetzige Beklagte ist eine Kapitalgesellschaft nach maltesischem Recht, die im August 2019 in das Handelsregister eingetragen wurde. Sie hat im Jahr 2020 die von der maltesischen Aufsichtsbehörde auf 2015 datierte und ausgestellte Lizenz der vorherigen Betreiberin einschließlich der .com-Domain und der Kundenkonten übernommen. Die Beklagte macht unter anderem geltend, für Ansprüche bis 2020 jedenfalls nicht passiv legitimiert zu sein, da sie erst 2019 in das Handelsregister eingetragen wurde. Insoweit hafte wenn, dann die Vorgängergesellschaft.

Das Landgericht Heilbronn gab der Klage statt. Soweit die Parteien um Fragen des Glücksspielrechts stritten, waren die maßgeblichen Rechtsfragen durch mehrere oberlandesgerichtliche Entscheidungen zu Lasten der Beklagten geklärt. Problematisch war hingegen, ob die Beklagte auch für solche Rückforderungen haftet, die aus der Zeit vor der Lizenzübernahme 2020 herrührten. Auch dies bejahte das Landgericht. Die Beklagte habe den streitgegenständlichen Spieleraccount samt Domain übernommen und sei als Rechtsnachfolgerin der Vorgängergesellschaft zu betrachten. Rechtlich anzuknüpfen sei nicht an die einzeln durchgeführten Spiele, sondern an den Spieleraccount, welcher insoweit einen Rahmenvertrag darstelle, unter dem die einzelnen Spiele erfolgen und abgewickelt würden. Die einzelnen Spiele fänden unter dem Regelungsregime des Rahmenvertrages statt und seien einem Spieleraccount untrennbar zugewiesen, sodass sich eine singuläre Betrachtung der einzelnen Spiele verbiete. Der den Spieleraccount begründende Rahmenvertrag sei der Stamm, dem die einzelnen Äste sodann entspringen. Den Rahmenvertrag habe die Beklagte im Wege der Vertragsübernahme übernommen, und zwar entweder durch einen dreiseitigen Übernahmevertrag oder durch einen zweiseitigen Übernahmevertrag zwischen ausscheidendem und neuem Vertragspartner mit Zustimmung des verbleibenden Vertragspartners, hier also der Klägerin. Durch das unstreitige Fortsetzen der Spieleraktivität und Weiternutzung ihres Spieleraccounts habe die Klägerin zumindest konkludent ihre Zustimmung zur Vertragsübernahme durch die Beklagte erteilt. Ein objektiver Dritter in der Person der Klägerin habe das Verhalten der Beklagten so verstehen dürfen, dass hierin keine Neubegründung eines Vertrages zu sehen ist. Für die Klägerin habe sich die äußere Sachlage nicht geändert. Sie habe weiter das Angebot unter der .com-Domain unter ihrem unveränderten Account genutzt.

Die Ansprüche der Klägerin waren nach Ansicht des Landgerichts schließlich auch nicht verjährt. Die Verjährung habe nicht vor dem Jahr 2021 begonnen zu laufen, denn die Klägerin habe schlüssig und seitens der Beklagten nicht erheblich bestritten dargetan, dass sie erst im Jahr 2021 Kenntnis von der möglichen Unwirksamkeit des Vertrages erlangt habe. Bis dahin sei die tatsächliche Sachlage für den durchschnittlichen Verbraucher nicht klar und eindeutig gewesen; für ihn habe sich das Online-Glückspielangebot vielmehr als legal und der Vertrag somit als wirksam dargestellt.

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