BGH

Keine Klage am Standort des Servers

Der Bundesgerichtshof hat eine Presseinformation zu einer aktuellen Entscheidung über die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet herausgegeben. Die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte müssen objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufweisen, was hier nicht der Fall war (Urteil vom 29. März 2011, Az.: VI ZR 111/10).

Die Parteien sind beide russische Staatsangehörige und gingen gemeinsam zur Schule. Nach einem Klassentreffen in Moskau, bei dem sie sich nach 15 Jahren erstmals wieder begegneten, berichtete die in den USA lebende Beklagte auf einer Webseite über ihre mehrtägige Reise nach Moskau in russischer Sprache und kyrillischer Schrift, wobei sie hierbei auch den in Deutschland lebenden Kläger sowie seine Wohnung in Moskau erwähnte. Der Kläger sah sich durch einige von der Beklagten verwandte Formulierungen und Beschreibungen in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt und verlangte von ihr Unterlassung. Da er seinen Wohnsitz in Deutschland hat, wandte er sich an die deutsche Gerichtsbarkeit. In erster und zweiter Instanz (LG Köln, OLG Köln) hatte er keinen Erfolg. Die Gerichte gingen davon aus, dass keine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestehe, und wiesen die Klage als unzulässig ab. Der Kläger ging daraufhin in Revision vor den Bundesgerichtshof.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegt noch nicht vor, doch hat die Pressestelle des BGH eine Pressemitteilung veröffentlicht. Danach bestätigt der BGH in seinem Urteil vom 29. März 2011 (Az.: VI ZR 111/10) die Vorinstanzen. Nach Auffassung des BGH sind die deutschen Gerichte über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international zuständig, wenn eine Kollision widerstreitender Interessen aufgrund der Inhalte im Internet im Inland eingetreten ist oder eintreten kann. Das ist aber hier nicht der Fall, da die in russischer Sprache und kyrillischer Schrift beschriebenen privaten Vorgänge anlässlich des Zusammentreffens in Moskau nur für die daran Beteiligten von Interesse sind. Der Umstand, dass der Kläger die Inhalte auch in Deutschland abrufen kann, stellt keinen deutlichen Inlandsbezug her. Auch aus dem Standort des Servers in Deutschland lässt sich keine Zuständigkeit deutscher Gerichte herleiten.

Der BGH bestätigt nun eine kritische Haltung hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage im Zusammenhang mit Veröffentlichungen im Internet. Die Entwicklung hin zur Abkehr von der Beliebigkeit bei der Anwendung der Regel zum fliegenden Gerichtsstand bei Internetdelikten wird damit nochmals gestärkt.

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