BayObLG

Domains und örtliche Zuständigkeit

Die erste Entscheidung mit Bezug zu Domain-Namen seit der Wiedererrichtung im Jahr 2018 hatte das Bayerische Oberste Landgericht (BayObLG) zu treffen: im Streit um einen missglückten Yachturlaub musste es das zuständige Amtsgericht bestimmen (Beschluss vom 23.07.2020, Az.:– 1 AR 31/20).

Der im Bezirk des Amtsgerichts Hersbruck wohnhafte Antragsteller nimmt die Antragsgegnerinnen an seinem Wohnsitzgericht auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung eines Chartervertrags über eine in griechischen Gewässern liegende Yacht in Anspruch, mit der er wegen eines abgefallenen Propellers anders als vertraglich vereinbart nur zwei Tage lang segeln konnte. Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihren Sitz in München, die Antragsgegnerin zu 2) in Griechenland. Der Antragsteller hat in der Klageschrift vorgebracht, es sei unklar, welche der beiden Gegnerinnen Vercharterer und damit ersatzpflichtig sei; er nehme daher (vorsorglich) beide in Anspruch. Das von ihm angerufene Amtsgericht Hersbruck sei örtlich gemäß Art. 17 Abs. 1 Buchst. c) i.V.m. Art. 18 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO zuständig. Die Antragsgegnerin zu 2) habe ihren Markt auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet; sie habe dort Vermittler und bahne ihre Dienstleistungen durch ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln und unter Begründung von Fernabsatzverträgen an bzw. schließe solche ab. Dazu wurde ein Auszug aus dem Angebot von www.nomicosyachts.com/nomicosagents vorgelegt, auf dem die Antragsgegnerin zu 1) als Vermittlerin genannt wurde, aber auch eine Firma in Starnberg bei München oder eine Firma aus Sulzbach-Rosenberg. Er könne daher vor dem Gericht des Ortes eine Klage erheben, an dem er als Verbraucher seinen Wohnsitz habe. In der Klageerwiderung legte die Antragsgegnerin zu 1) dar, dass aus ihrer Sicht der Anwendungsbereich der BrüsselIa-VO wegen Art. 17 Abs. 3 Brüssel-Ia-VO nicht eröffnet sei; maßgeblich sei daher ihr allgemeiner Gerichtsstand in München. Die Antragsgegnerin zu 2) hat die internationale und örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt. Im Einzelnen blieb auch nach einer ersten mündlichen Verhandlung am Amtsgericht Hersbruck vieles streitig. Das Amtsgericht hat schließlich das Verfahren dem BayObLG zur Prüfung der gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorgelegt.

Mit Beschluss vom 23. Juli 2020 bestimmte das BayObLG hierauf das Amtsgericht in Hersbruck als das für den Rechtsstreit gegen beide Antragsgegnerinnen einheitlich örtlich zuständige Gericht. Trotz der mündlichen Verhandlung sei noch keine Prozesslage erreicht, die dem bestimmenden Gericht eine echte Auswahl unter den grundsätzlich bestimmbaren Gerichten nicht mehr ermöglichen würde. Außerdem sei § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch anzuwenden, wenn ein Antragsgegner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand gemäß §§ 12, 13, 17 ZPO hat und hinsichtlich eines anderen Antragsgegners im Inland lediglich ein besonderer Gerichtsstand nach den unionsrechtlichen Zuständigkeitsbestimmungen begründet ist. Nach der unionsrechtlichen Zuständigkeitsregelung des Art. 18 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO bestehe ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand am Wohnsitz des Antragstellers als Verbraucher, somit beim Amtsgericht Hersbruck. Die Einstufung als Verbrauchersache ergäbe sich vorliegend aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. c) Brüssel-Ia-VO, wobei – einmal mehr – das Merkmal des »Ausrichtens« im Mittelpunkt stand. Vorliegend habe auch die Antragsgegnerin zu 2) ihre Tätigkeit auf Deutschland ausgerichtet, wobei das Gericht auf deren Internetauftritt abstellte. Die Verwendung des Domain-Namens nomicosyachts.com mit der Endung .com sei zwar an sich neutral; die Antragsgegnerin habe aber ihre Leistungen über sechs Vermittler u.a. in Deutschland angeboten. Dass der Ausdruck der Internetseite nicht mehr den Stand zu Vertragsschluss wiedergab, war für das Gericht irrelevant, da die Antragsgegnerin zu 2) dazu nicht substantiiert vorgetragen habe. Dem Berufstätigen, der die Gestaltung seines Internetauftritts vornimmt und die für dessen Veränderung maßgeblichen Entscheidungen trifft, sei es ohne weiteres möglich, hierzu im Einzelnen vorzutragen.

Eine Entscheidung in der Sache selbst hat das BayObLG nicht getroffen. Das obliegt nun in erster Instanz dem Amtsgericht in Hersbruck. In Streit steht ein Schaden von EUR 2.171,30 (anteiliger Ersatz der Chartergebühr und der Endreinigung; Fähr- und Hotelkosten; anteilige Flugkosten; weitere An- und Abreisekosten; Parkplatz; Mietwagen für den Transfer; Taxikosten sowie Entschädigung für fünf Tage entgangene Urlaubsfreuden).

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