AfriNIC

IPv4-Handel der afrikanischen Registry wird zum Problem der RIRs über

Das krisengebeutelte African Network Information Centre (AfriNIC) will nach jahrelangem Chaos auf ruhigere Gewässer zusteuern: nach Angaben des Insolvenzverwalters sollen Vorstandswahlen am 23. Juni 2025 für Stabilität sorgen. Doch am Horizont ziehen bereits neue dunkle Wolken auf.

Seit dem Jahr 2020 befindet sich AfriNIC in einer juristischen Auseinandersetzung mit der Cloud Innovation Ltd. (CI) im Streit um die Vergabe von IP-Adressen im begehrten Format IPv4. Für AfriNIC wurde dieser Streit existenzbedrohend. Der Supreme Court of Mauritius urteilte am 13. Juli 2021, dass die Konten von AfriNIC bis zu einem Betrag von US$ 50 Mio. vorübergehend eingefroren sind; erst im Oktober 2021 gelang es, diese Entscheidung zu revidieren. Gleichwohl konnte man nicht verhindern, dass der Oberste Gerichtshof von Mauritius am 12. Februar 2025 Gowtamsingh Dabee von der Kanzlei GD Riches zum Insolvenzverwalter von AfriNIC ernannte. Zugleich wurde er angewiesen, Wahlen zur Neubestellung des AfriNIC-Vorstands bis zum 25. April 2025 zu planen und durchzuführen. Auch wenn diese Frist nicht eingehalten wurde, kann Dabee nun einen ersten Zwischenerfolg vermelden: mit Zustimmung des Gerichts finden die Vorstandswahlen jetzt am 23. Juni 2025 statt. Zu diesem Zweck hat er einen Wahlvorstand bestellt, dem Simon Nicholas Davenport KC vorsitzt. Das wurde notwendig, weil nicht zuletzt Dabee selbst Manipulationen der Wahl befürchtet; so spricht er von »various concerns that I have received in relation to potential interferences in the election process« und von dem Willen »to ensure a completely free and fair election mechanism process.« Die Abstimmung findet in einem Hybrid-Format statt; wer nicht vor Ort in Mauritius abstimmen kann, dem steht bereits ab dem 16. Juni 2025 die Online-Wahl über den britischen Anbieter Civica Election Services Ltd. offen.

Doch ob die Wahl für dauerhafte Ruhe sorgt, darf bezweifelt werden. Nach einem Bericht von Robert Duigan unter capeindependent.com, der nach Abmahnung und Klage hin inzwischen gelöscht wurde, soll unter anderem Paul Wollner, eine dem chinesischen Staatsbürger Lu Heng angeblich nahestehende Person, für den Vorstand von AfriNIC kandidieren. Heng wiederum stehe wirtschaftlich hinter CI und dem in Hong Kong ansässigen Unternehmen Larus Ltd., das die IPv4-Zuteilung für CI übernommen habe. Er ziele darauf ab, IP-Adressen zu privatisieren, damit diese ohne Regulierung gewinnbringend verkauft, vermietet und gehandelt werden können. Die Aufhebung der Kontrolle über die IP-Adresszuteilung würde nach Einschätzung von Duigan die Erschöpfung des IPv4-Adresspools beschleunigen, den Preis von IPv4-Adressen in die Höhe treiben und sie für den Handel außerhalb der Regionen freigeben, auf die sie derzeit beschränkt sind; letztlich wäre damit das gesamte Modell der IP-Adressvergabe durch die fünf Regional Internet Registries (RIRs) in Gefahr.

Die Schwierigkeiten von AfriNIC haben daher längst die übrigen vier RIRs und ihr Spitzengremium, die Number Resource Organisation (NRO), auf den Plan gerufen. Ungeachtet einer möglichen finanziellen Unterstützung sieht der Entwurf eines RIR Governance Document vom 14. April 2025 erstmals Bestimmungen für die Deregistrierung einer RIR vor. Vorgeschlagen wird, dass auf Antrag einer einzelnen RIR oder von 25 Prozent der Mitglieder jenes RIR, dessen Anerkennung entzogen werden soll, eine Deregistrierung erfolgen kann; die endgültige Entscheidung läge bei ICANN, wobei die Netzverwaltung selbst nicht antragsberechtigt ist. Der Entwurf verlangt auch, dass alle RIRs »den laufenden Betrieb und die Stabilität des Internet Number Registry Systems sicherstellen und nicht in einer Weise arbeiten oder versagen, die diese Stabilität gefährdet«; ferner soll ausdrücklich festgeschrieben werden, dass jede RIR finanziell stabil und abhängig sein muss sowie auf gemeinnütziger Basis arbeitet. Stellungnahmen können bis 27. Mai 2025 eingereicht werden – möglicherweise gerade noch rechtzeitig vor der Vorstandswahl bei AfriNIC.

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