Der US-Registrar GoDaddy hat alle Organisationen, die eine wichtige Rolle im Domain Name System (DNS) spielen, dazu aufgerufen, einen sicheren und verantwortungsvollen Raum für alle Online-Nutzer zu schaffen. Die Diskussion um »DNS Abuse« hat damit endgültig auch den Markt der Domain-Registrare erreicht.
Mehr als 84 Mio. verwaltete Domain-Namen, über 21 Mio. Kunden und mehr als 9.000 Mitarbeiter – wer nach dem Schwergewicht unter den Domain-Registraren sucht, wird bei GoDaddy fündig. Umso mehr lässt aufhorchen, wenn sich James Bladel, Vice President Government & Industry Affairs bei GoDaddy und ein Veteran der Domain Name Industry, in einem Blog-Artikel zur Rolle der Registrare im DNS äußert. Im Vordergrund steht für ihn, aufzuzeigen, wo die Grenzen eines Registrars bei der Bekämpfung missbräuchlicher oder schädlicher Webinhalte liegt. Domain-Registrare versteht Bladel dabei als die Immobilienmakler der digitalen Welt. Ähnlich wie ein Makler unterstützen sie Privatpersonen bei der Suche und Sicherung einer einzigartigen Domain für ihre Online-Präsenz. Die Domain selbst speichere jedoch keine Webinhalte; sie sei lediglich eine Adresse, die auf einen Speicherort verweist, an dem die Inhalte gehostet werden. Wenn also eine Domain registriert ist, aber nicht auf eine Website verweist, läuft sie ins Leere. Es sei die Aufgabe des Webhosting-Anbieters, aus dem leeren Grundstück etwas Nützliches zu machen. Insoweit seien die Hoster die Vermieter des Internets; sie würden die Infrastruktur betreiben, die erforderlich sei, um Webinhalte im Internet zugänglich zu machen. Einige Websites würden zwar das gleiche Unternehmen als Registrar und Webhosting-Anbieter nutzen, aber das sei nicht zwingend so. Die Dezentralisierung von Internetdiensten fördere Innovation, Flexibilität und Wettbewerb, könne aber auch Herausforderungen mit sich bringen, wenn es darum geht, gegen illegale Inhalte vorzugehen.
Dann schwenkt Bladel um zum Thema »DNS Abuse« und »online harms«. Ersteres versteht er – ähnlich wie die Internet-Verwaltung ICANN – als fünf Kategorien schädlicher Aktivitäten, nämlich »malware, botnets, phishing, pharming, and spam«, mithin bezogen auf jede böswillige Aktivität, die darauf abzielt, die DNS-Infrastruktur zu stören oder sie in einer unbeabsichtigten Weise zu betreiben. Allgemeiner und breiter gefasst ist der Begriff der »Online-Schäden«; er umfasst für Bladel auch schädliche, illegale oder kontroverse Webinhalte oder -aktivitäten, die sich nachteilig auf Einzelpersonen, Organisationen und Gemeinschaften auswirken können. Beispielhaft erwähnt er Cybermobbing, Belästigung, Hassreden, Fehlinformationen, Betrug oder Identitätsdiebstahl usw. Wenn es um solche »Online-Schäden« geht, befänden sich die verletzenden Inhalte auf einem Webserver, der vom Webhosting-Anbieter kontrolliert wird. Ist der Hoster nicht mit dem Registrar identisch, hat dieser weder die Befugnis noch die Möglichkeit, die gehosteten Inhalte zu entfernen oder zu bearbeiten – nur ein Vermieter könne einen schlechten Mieter hinauswerfen. Erster Ansprechpartner sei daher der Webhoster, denn:
Asking a registrar to address harmful content is both ineffective and fraught with collateral damage, because their only “tool” to respond is to deactivate the domain name.
Da der Registrar die Domain nur verwalte, gäbe es auch keine Garantie dafür, dass die beanstandeten Inhalte nicht auch bei anderen Webhostern noch aktiv seien. Durch die Deaktivierung einer Domain werde der Inhalt nicht vom Webhoster entfernt, sondern nur die Verknüpfung mit der Domain aufgehoben.
Der Artikel von Bladel darf als Hinweis verstanden werden, dass in Haftungsfragen zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern im Ökosystem des DNS scharf zu differenzieren ist. Da GoDaddy selbst auch Webhosting anbietet, entzieht sich Bladel dabei nicht pauschal jeglicher Haftung. Für die weitere (politische) Diskussion um DNS-Abuse und die Folgen für die Praxis kann das nur sinnvoll sein.