Die US-Regierung hat angekündigt, die Restriktionen beim WHOIS-Zugang durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU bekämpfen zu wollen: nach Auffassung der National Telecommunications and Information Administration (NTIA) stellt die aktuelle Regelung einen »vollumfänglichen Sieg für Spammer und Betrüger« dar.
In Handelssachen mag die US-Regierung ein neues Kapitel in ihrer Beziehung zur EU aufgeschlagen haben, doch in Sachen DSGVO liegt man über Kreuz. Darauf deutet zumindest eine Rede, die David J. Redl, Assistant Secretary der dem US-Wirtschaftsministerium unterstellten NTIA, anlässlich des Internet Governance Forum am 27. Juli 2018 in Washington hielt. Zwar hob er hervor, dass die Regierung unter Donald Trump ein starker Fürsprecher des Multistakeholder-Modells der Internet-Verwaltung sei. Der konsensorientierte Aufbau von unten nach oben schaffe Regelungen, denen im gesamten Ökosystem des Internets vertraut werde. Damit erneuerte Redl seine Position aus der Anhörung vor dem US-Senat, bei der er bereits vor seiner Ernennung betonte hatte, das Multistakeholder-Modell zu unterstützen und Versuche von autoritären Regimen, mehr Einfluss auf die Netzverwaltung zu nehmen, unterbinden zu wollen. Schon damals ließ er jedoch anklingen, dass sich die NTIA über das Governmental Advisory Committee (GAC) von ICANN dafür einsetzen wolle, das WHOIS-System in seiner alten Form beibehalten zu wollen.
Diese Ankündigung konkretisierte Redl nunmehr bei der Rede am Internet Governance Forum. Dort bezeichnete er die Neuerungen des WHOIS-Systems im Lichte der DSGVO als das drängendste Problem von ICANN. Die WHOIS-Informationen seien ein entscheidendes Werkzeug, um die Leute dafür zur Verantwortung zu ziehen, was sie online stellen. Wörtlich nannte Redl das WHOIS-System als »erste Linie« zur Verteidigung von Rechten des Geistigen Eigentums. Gleichwohl hätten die europäischen Behörden angedeutet, dass die Erhebung der WHOIS-Informationen gegen die DSGVO verstoße; seit Ende Mai 2018 würden Registries und Registrare diese wichtigen Informationen daher nicht mehr zur Verfügung stellen. »This is an unmitigated victory for the spammers and scammers that plague consumers and businesses.«, so Redl. Die NTIA als auch die höchsten Ebenen der US-Regierung befinden sich deshalb in Gesprächen mit dem Europäischen Datenschutzausschuss, der EU-Kommission und EU-Mitgliedsstaaten, um für Aufklärung in der Community zu sorgen, während man an Mechanismen arbeitet, um Zugang zum nicht-öffentlichen Teil der WHOIS-Angaben zu schaffen. Diese Zugangsmechanismen seien von erheblicher Bedeutung, um den Bedürfnissen von Strafverfolgungsbehörden gerecht zu werden und für Cybersicherheit sowie einen Schutz von Rechten zu sorgen; dabei werde die NTIA eine Führungsrolle einnehmen.
Ob sich die US-Regierung damit zufrieden gibt, sich allein mit der Frage von Zugangsmechanismen zum WHOIS zu befassen, liess Redl offen. Zuletzt waren Stimmen in der US-Regierung laut geworden, die auf eine Rückgängigmachung der IANA-Transition abzielen. Auf eine öffentliche Anhörung zum künftigen Kurs der US-Regierung seien über 90 Kommentare eingegangen; diese werde man laut Redl nun auswerten und prüfen, ob konkrete Maßnahmen umzusetzen sind.