Totgesagte leben länger: ein Komitee der Generic Names Supporting Organization (GNSO) hat empfohlen, den Testversuch für den WHOIS-Nachfolger »Registration Data Request Service« (RDRS) auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Selbst für ccTLD-Registries soll der Service in Zukunft offenstehen.
Die fehlende rechtliche Verpflichtung, eine unklare Rechtslage und ein hoher Arbeitsaufwand machen die Teilnahme am RDRS für viele Domain-Registrare unattraktiv. Das drückt sich auch in Zahlen aus; die Zahl der bei ICANN akkreditierten Registrare sank im Juni 2025 auf 78, nachdem mehrere namhafte Registrare ausgestiegen sind. Mit der Zahl der akkreditierten Registrare sank auch die Zahl der Domains, für die eine RDRS-Abfrage möglich ist, drastisch ab; sie liegt statt bei bisher 54 Prozent nur noch bei 47 Prozent. Für nicht einmal jede zweite Domain mit generischer Endung ist also eine Abfrage über das RDRS-System möglich. Das trifft nicht nur Strafverfolgungsbehörden, sondern vor allem Inhaber von Kennzeichenrechten hart, da damit die Möglichkeiten, gegen die von einer Domain ausgehenden Rechtsverletzungen vorzugehen, eingeschränkt werden. Die Vorzeichen, dass der im November 2023 gestartete Dienst das Ende der auf zwei Jahre angelegten Testphase erreicht, standen daher nach allgemeiner Erwartung ungünstig.
Umso mehr überrascht ein Bericht, den das RDRS Standing Committee (SC) der GNSO am 19. August 2025 veröffentlicht hat. In dem 90-seitigen Dokument heißt es gleich zu Beginn:
The SC recommends maintaining the RDRS pilot service and continuing to promote voluntary registrar participation beyond its initial two-year term until a long-term permanent solution or a successor system is agreed upon.
Zur Begründung führt das SC aus, dass es verfrüht sei, den RDRS offline zu nehmen, denn:
The pilot has proven somewhat useful as a stopgap, providing value to users.
Man solle daher die erzielten Fortschritte bewahren und als Grundlage nutzen, anstatt sie zu verwerfen, auch wenn es künftig zu Änderungen kommen wird. Besonders die Mechanismen zur Authentifizierung bestimmter Benutzergruppen, beginnend mit den Strafverfolgungsbehörden, haben es dem SC angetan; hier könne ICANN technische und administrative Standards für diese Gruppe von Antragstellern festlegen. Zudem spricht das SC Empfehlungen für einige Systemverbesserungen aus. Dazu zählt die Integration einer Schnittstelle für Antragsteller und Domain-Registrare, um die Systeminteroperabilität zu verbessern und den Datenaustausch zu optimieren. Zudem sollen die Antragsformulare einfacher und intuitiver werden. Ferner soll eine Abfrage über das RDRS künftig nicht nur gTLDs, sondern auch ccTLD erfassen:
User feedback and the number of requests that were not able to be processed further due to their reference to ccTLD indicate that this extension would be beneficial to the users.
Allerdings droht hier die nächste Zersplitterung, da ICANN keine RDRS-Pflicht für ccTLDs durchsetzen kann und die Datenschutzgesetze national oft erheblich voneinander abweichen.
Alles in allem liest sich der Report wie ein Mittelweg, der bei der Suche nach einer WHOIS-Dauerlösung gegangen werden könnte. Mit Widerstand der Strafverfolgungsbehörden ist jedoch zu rechnen, ebenso wie von der Markenlobby. Der Bericht des SC liegt vorerst bis 29. September 2025 zur öffentlichen Kommentierung aus. Im Anschluss entscheidet die GNSO über den Abschlussbericht, der dann dem ICANN Board of Directors vorgelegt wird.