Die Internet-Verwaltung ICANN will den Prozess zur Herausgabe nicht-öffentlicher WHOIS-Daten drastisch beschleunigen: in dringenden Fällen soll die Mitteilung nicht binnen mehrerer Werktage, sondern binnen weniger Stunden erfolgen müssen.
Nach einer rund einjährigen Übergangsphase ist am 21. August 2025 die »Registration Data Policy« in Kraft getreten. Sie bietet im Verhältnis zwischen ICANN und den akkreditierten Domain-Registraren einen einheitlichen Rahmen für die datenschutzkonforme Verwaltung von Registrierungsdaten. Unter anderem ist eine Klausel vorgesehen, wonach „in dringenden Fällen“ WHOIS-Daten offengelegt werden müssen. Die »Registration Data Policy« definiert jedoch nicht, was in zeitlicher Hinsicht unter »dringend« zu verstehen ist, da sich das Implementierungsteam nicht auf einen konkreten Zeitrahmen einigen konnte. In einer Entwurfsfassung heißt es in einem Klammerzusatz lediglich »[less than X business days]«; zudem muss ein »immediate need for disclosure« nachgewiesen werden. Es einigte sich jedoch zumindest auf Umstände, die als »dringend« definiert werden:
Urgent Requests for Lawful Disclosure are limited to circumstances that pose an imminent threat to life, of serious bodily injury, to critical infrastructure, or of child exploitation in cases where disclosure of the data is necessary in combatting or addressing this threat. Critical infrastructure refers to the physical and cyber systems that are vital in that their incapacity or destruction would have a debilitating impact on economic security or public safety.
Da ein Zeitrahmen für die Beantwortung dringender Anfragen unverändert noch nicht festgelegt ist, wollen der ICANN-Vorstand, der Regierungsbeirat Governmental Advisory Committee (GAC) und die Generic Names Supporting Organization (GNSO) nun anhand bestimmter Vorgaben einen Zeitrahmen abstecken, innerhalb dessen in berechtigten Fällen eine Herausgabe von WHOIS-Daten durch Registries und Registrare zwingend erfolgen muss. Dabei hält man am Erfordernis und der Definition von »dringend« fest, verlangt also weiterhin eine unmittelbare Bedrohung für Leben, schwere Körperverletzung, kritische Infrastruktur oder Kindesmissbrauch. Jeder Zeitrahmen, der in »Werktagen« gemessen wird – sei es ein, zwei oder drei Werktage – erscheint ihnen für die Bewältigung dringender Bedrohungen jedoch ungeeignet. Stattdessen fordern sie einen deutlich kürzeren Reaktionszeitrahmen, »measured in minutes or hours rather than days«. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn die Anfrage von einer Institution stammt, die zuvor über einen noch zu vereinbarenden Mechanismus authentifiziert wurde. In der Praxis dürften damit vor allem Strafverfolgungsbehörden und sonstige staatliche Institutionen gemeint sein; Markenrechtsinhaber dürften mit Offenlegungsanfragen hingegen in der Regel schon an der fehlenden Voraussetzung der »Dringlichkeit« scheitern.
Vorerst hat die Öffentlichkeit Zeit bis zum 15. Dezember 2025, um sich zu diesem Vorhaben zu äußern . Nach Abschluss der öffentlichen Kommentierungsphase erstellt ICANN eine Zusammenfassung der eingegangenen Kommentare und bewertet sie in einem Analysebericht. Die Neuregelung könnte dann bereits Anfang 2026 – und damit noch vor Öffnung des Bewerbungsfensters für neue generische Top Level Domains, die für April 2026 angesetzt ist – in Kraft treten.