Der Schwede Peter Sunde, Mitgründer der BitTorrent-Suchmaschine The Pirate Bay (TPB), geht auf Abwege: mit »Njalla« hat er einen Proxy-Service gestartet, der für eine besonders anonyme Registrierung von Domains sorgen will. Vor einer unbedachten Nutzung ist jedoch dringend zu warnen.
Seit einigen Jahren haben sich in der Domain Name Industry so genannte Privacy- oder Proxy-Dienste etabliert. Sie gestatten es dem Domain-Inhaber, seine wahre Identität zu verheimlichen, indem im WHOIS nicht seine »wahren« Daten, sondern die eines Dritten veröffentlicht werden. Sowohl den Inhabern von Markenrechten als auch der Justiz sind solche Dienste aber ein Dorn im Auge, da sie die Rechtsverfolgung erschweren. Die InternetVerwaltung ICANN versucht daher seit geraumer Zeit, verbindliche Regelungen für Proxy-Dienste zu schaffen, um die verschiedenen Interessen auszugleichen. Im Raum steht unter anderem, dass die Kontaktdaten des Domain-Inhabers nach den Vorgaben einer neuen »WHOIS Accuracy Program Specification« validiert werden; dies schließt eine Überprüfung der eMail-Adresse oder der Telefonnummer ein.
Sunde geht dieser Schutz der Privatsphäre jedoch nicht weit genug. In einer Welt, in der das Recht auf Privatheit und Anonymität attackiert werde, gehe man nun zum Gegenangriff über. Mit Njalla hat er einen neuen Service gestartet, der den Kunden eine Domain-Registrierung verspricht, ohne die WHOIS-Daten offenlegen zu müssen. Njalla will weder wissen, wer oder was der Kunde ist und wo er seinen Sitz hat; noch nicht einmal eine eMail-Adresse ist erforderlich, ein anonymer XMPP-Account genügt. Dabei deckt Njalla hunderte von Top Level Domains ab. Die Preise sind marktüblich und beginnen je nach TLD bei EUR 15,– im Jahr. Zahlungen sind via Paypal und Bitcoin möglich. Seinen Sitz soll Njalla in einer Steueroase in der Karibik haben, offenbar handelt es sich um Saint Kitts & Nevis. Aktuell befindet sich der Dienst in der Beta-Phase.
Der Haken bei der Sache: Njalla stellt die Anonymität der Kunden dadurch sicher, dass man sich selbst als Domain-Inhaber im WHOIS einträgt. Die Rechte des Kunden beruhen also auf dem Vertrauen, dass Njalla mit der Domain nur das macht, was der Kunde möchte. Der Rahmen dafür bleibt vage; solange sich der NjallaKunde „within the boundaries of reasonable law“ bewege und kein Rechtsextremist sei, heißt man ihn willkommen. Was das zum Beispiel in Bezug auf urheberrechtlich geschütztes Material, Spam oder beleidigende Inhalte bedeutet, lässt Sunde ebenso offen wie die Frage, wer das im Einzelnen prüft und entscheidet. Auf den ordentlichen Gerichtsweg sollte man sich besser nicht verlassen; allein die Zustellung einer Klage auf Saint Kitts & Nevis dürfte in der Praxis für erhebliche Probleme sorgen. Völlige Anonymität sollte man ohnehin nicht erwarten; wörtlich heißt es auf der Website:
However, we will help if there are legal merits to any formal government requests to our system.
Anders ausgedrückt: man darf zwar für eine Domain zahlen, über die damit verbundenen Rechte entscheidet aber im Zweifel allein Njalla. Da braucht es schon sehr viel Vertrauen und möglicherweise eine gehörige Portion Naivität, um diesen Dienst in Anspruch zu nehmen.