Die nächste Runde zur Bewerbung um neue generische Top Level Domains wird sich verzögern: wie die Internet-Verwaltung ICANN bestätigt hat, benötigt vor allem die WHOIS-Reform zusätzliche Zeit. Mit etwas Glück beschränkt sich die Verzögerung aber auf wenige Wochen.
Dass sie kommen wird, ist kaum mehr zu bezweifeln. Am 12. Juni 2022 beschloss ICANN, in Vorbereitung auf die nächste nTLD-Einführungsrunde ein Marketing-Budget in Höhe von mindestens US$ 500.000,– freizugeben, das allein das Vorfeld der Öffnung des Bewerbungsfensters umfassen soll. Wer den Auftrag erhält, ist noch unklar; in der Vergangenheit hat ICANN regelmäßig mit der weltweit tätigen Kommunikationsagentur Edelman zusammengearbeitet. Doch das grössere Rätsel bleibt, wann sie endlich startet und das Bewerbungsfenster geöffnet wird. Aktuell steht fest, dass das ICANN Board of Directors im Anschluss an ein Meeting vom 21. September 2021 beschlossen hat,
»to conduct the Operational Design Phase (ODP) by addressing the questions outlined in the New gTLD Subsequent Procedures Operational Design Phase Scoping Document.«
ICANN will damit die möglichen Auswirkungen neuer Regelungen testen; es geht also um zusätzliche Informationsgewinnung durch die ODP, die bestehende Mechanismen jedoch nur ergänzen und nicht ersetzen soll. Sollte es keine unvorhergesehenen Entwicklungen geben, soll die ODP zehn Monate dauern, also im Herbst 2022 abgeschlossen sein. Am Ende soll ein »Operational Design Assessment« (ODA) stehen, dass erstmals eine »proposed implementation timeline« enthält. (Einen aktuellen Zeitplan für die ODP finden Sie hier.)
Mit der WHOIS-Reform sind nun allerdings die ersten unvorhergesehenen Entwicklungen aufgetreten, so dass sich der Herbst-Termin nicht mehr halten lässt. Das kann man einem Schreiben von Maarten Botterman, dem Vorsitzenden des ICANN Board of Directors, an Philippe Fouquart, den Vorsitzenden der Generic Names Supporting Organization (GNSO), vom 14. Juli 2022 entnehmen. Darin spricht Botterman von einer »extended timeline« und verweist zur Begründung auf die Arbeiten im Zug des »WHOIS Disclosure System«. Diese WHOIS-Reform sollte parallel zur ODP vorbereitet werden, was jedoch zuviele Ressourcen kostet, wie Botterman mitteilt. Am gleichen Tag hat ICANN einen Blog-Artikel veröffentlicht, der das Ressourcen-Problem vor allem im Personalbereich bestätigt. Aber der zusätzliche Verzug soll sich in überschaubaren Grenzen halten:
»Accordingly, we’ve created an alternative timeline that considers the maximum potential impacts on completing the SubPro ODP, which targets delivery of the ODA no later than 12 December 2022.«
Konkret bedeutet dies, dass das ODA dem ICANN-Vorstand am 12. Dezember 2022 vorliegen soll; eine Entscheidung über das weitere Vorgehen dürfte aber kaum mehr in diesem Jahr getroffen werden. Vor allem die rechtlichen Unsicherheiten rund um die WHOIS-Reform – ICANN arbeitet aktuell nach wie vor mit einer temporären Lösung – lassen eine verlässliche zeitliche Einschätzung aber kaum zu.
Als nächster zeitlicher Fixpunkt für die ODP gilt derzeit noch der 15. August 2022. An diesem Tag soll ein »Community Status Update« veröffentlicht werden. Wegweisend dürfte zudem das 75. ICANN-Meeting sein, das vom 17. bis 22. September 2022 in Kuala Lumpur angesetzt ist. Einen konkreten Starttermin für die nächste Einführungsrunde gibt es aber weiterhin nicht. Die Öffnung des Bewerbungsfenster wird daher frühestens für das Jahr 2024 erwartet.