Die Internet-Verwaltung ICANN hat den Vertragsentwurf zur Verlängerung des »Registry Agreement« für .com-Domains mit dem US-Unternehmen VeriSign Inc. veröffentlicht. Danach soll VeriSign weiterhin regelmäßig die Gebühren erhöhen dürfen, muss aber Takedown-Regeln akzeptieren.
Das seit 2001 bestehende Recht von VeriSign, Domains mit der Endung .com verwalten zu dürfen, ruht derzeit auf zwei Pfeilern: dem »Registry Agreement« (RA) mit ICANN und dem »Cooperative Agreement« mit der National Telecommunications and Information Administration (NTIA), die dem US-Handelsministerium untersteht. Das aktuelle RA läuft zum 30. November 2024 aus, und lange schien die Verlängerung reine Formsache zu sein. In den vergangenen Monaten wurden jedoch Forderungen laut, die Vergabe von .com durch ein Ausschreibungsverfahren neu zu regeln und insbesondere die Möglichkeiten der Gebührenerhöhung zu begrenzen; unter anderem die American Economic Liberties Project, der Demand Progress Education Fund und das Revolving Door Project hatten ICANN und VeriSign vorgeworfen, ein De-Facto-Kartell zu bilden, das zu übermäßigen Gewinnen führe und gemeinsam mit der NTIA ein »incestuous legal triangle« zu bilden. Spätestens am 02. August 2024 war die Diskussion jedoch beendet; an diesem Tag gab die NTIA bekannt, dass sie die vertragliche Beziehung mit VeriSign zur Verwaltung von .com erneuern wird. Zugleich kündigte sie jedoch an, Gespräche mit VeriSign über die Preisgestaltung im .com-Markt führen zu wollen.
Wer daher auf günstigere Gebühren gehofft, der wird enttäuscht. Im aktuellen Vertragsentwurf zur Verlängerung des RA, den ICANN am 26. September 2024 veröffentlicht hat, findet sich weiterhin eine Klausel, die VeriSign das Recht gibt, die Gebühren für .com-Domains in den letzten vier Jahren jeder sechsjährigen Vertragsperiode um jeweils sieben Prozent zu erhöhen. Dieses Recht hat VeriSign in der Vergangenheit stets ausgeschöpft. Neu ist dagegen eine Klausel, wonach sich die Transaktionsgebühr von US$ 0,25 künftig auf Grundlage des »Consumer Price Index for All Urban Consumers, U.S. City Average (1982-1984 = 100)« verändern kann, also orientiert am Verbraucherpreisindex steigen oder (was unwahrscheinlich ist) fallen kann. Die Transaktionsgebühr ist im Fall der Registrierung, der Verlängerung oder des Transfers einer .com-Domain zu bezahlen. Allerdings darf diese Erhöhung niemals nur .com allein betreffen, sondern muss auch »under multiple other registry agreements in a manner that does not single out Registry Operator« ausgeübt werden. Mit anderen Worten: ICANN wird künftig bei allen gTLDs verstärkt Gebühren erhöhen. Des Weiteren soll sich VeriSign geänderten Regelungen zum »DNS Abuse« unterwerfen und künftig verpflichtet sein, unverzüglich die angemessenen Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, die vernünftigerweise erforderlich sind, um die missbräuchliche Verwendung einer .com-Domain zu unterbinden; inhaltlich ähnliche Regeln gibt es für praktisch jede andere gTLD. Ferner muss VeriSign »any cyber incident, physical intrusion or infrastructure damages« an ICANN melden. Bei rund 157 Mio. registrierten .com-Domains steht VeriSign damit weit mehr im Fokus als jede andere Registry einer generischen Domain-Endung.
Die Öffentlichkeit hat Gelegenheit bis zum 05. November 2024, den Vertragsentwurf zu kommentieren. Angesichts der Gebührendiskussionen vor allem im Juni und Juli 2024 darf man davon ausgehen, dass davon rege Gebrauch gemacht wird. Dennoch soll der Abschlussbericht mit allen eingegangenen Stellungnahmen dem ICANN Board of Directors spätestens am 19. November 2024 zur Entscheidung vorliegen. Dass es noch zu wesentlichen Änderungen am Entwurf kommen wird, gilt als nahezu praktisch ausgeschlossen.