VeriSign

Kritik an neuen Klauseln im kommenden .net-Registrvertrag

Die geplante Verlängerung des Registry-Vertrages für die generische Top Level Domain .net schlägt hohe Wellen: vom Umsturz jahrzehntealter Regelungen ist die Rede. Doch bei genauem Hinsehen entpuppt sich die Aufregung als übertrieben.

Es schien nur Formsache: am 13. April 2023 hat ICANN eine Mitteilung veröffentlicht, in der die Community zur beabsichtigten Verlängerung des Registry-Vertrages für .net mit der Registry VeriSign Inc. aufgefordert wurde. VeriSign verwaltet die Endung .net bereits seit dem 25. Mai 2001; das aktuelle ».net Registry Agreement« (RA) datiert auf den 01. Juli 2017 und endet am 30. Juni 2023. Der nun vorliegende Entwurf sieht vor, dass das RA bis jedenfalls zum 30. Juni 2029 verlängert wird. Die geplanten Änderungen betreffen unter anderem die Implementierung des WHOIS-Nachfolgers »gTLD Registration Data Access Protocol« (RDAP) und zahlreiche sprachliche Änderungen. Für umso mehr Aufregung sorgte der Domain-Spezialist George Kirikos, als er davor warnte, dass ICANN und VeriSign in aller Stille enorme Änderungen vorbereitet hätten. Sie hätten vorgeschlagen, jeder Regierung der Welt zu erlauben, Domain-Namen zu löschen, umzuleiten oder in ihre Kontrolle zu übertragen. Dies sein ein ungeheuerlicher und gefährlicher Vorschlag, der gestoppt werden muss, da er ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht respektiere.

Entzündet hat sich der Ärger von Kirikos an der Passage im Abschnitt »Obligations Of the Parties«, in dem folgende Klausel neu mitaufgenommen werden soll:

»Verisign reserves the right to deny, cancel, redirect or transfer any registration or transaction, or place any domain name(s) on registry lock, hold or similar status, as it deems necessary, in its unlimited and sole discretion (…) (5) to ensure compliance with applicable law, government rules or regulations, or pursuant to any legal order or subpoena of any government, administrative or governmental authority, or court of competent jurisdiction.«

Kirikos leitet daraus ab, dass Regierungen eine .net-Domain übernehmen könnten, ohne dass die Domain-Inhaber durch ein ordnungsgemäßes Verfahren geschützt würden; damit würden mehr als zwei Jahrzehnte globaler Domain-Politik umgestossen. Damit steht Kirikos nicht allein; auch die bisher bei ICANN eingegangenen Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit lehnen diese Änderung ab. Die Aufregung hat nur einen Haken: im Registry Agreement für .com findet sich eine solche Regelung bereits seit über drei Jahren. Die Regelung aus dem dortigen Appendix 8A wurde von ICANN lediglich in das RA für .net übertragen. Man kann sich also an der Regelung stören; im Falle von .com hat sie bisher jedoch weder zu Protest noch zu massenhaften Domain-Verlusten geführt. Die Wahrscheinlichkeit, dass VeriSign und ICANN von der geplanten Änderung wieder abrücken, ist also gering.

Vorerst hat die Öffentlichkeit noch bis zum 25. Mai 2023 Zeit, weitere Stellungnahmen einzureichen. Auch hier wittert Kirikos Böses. Seiner Ansicht nach sei die Kommentierungsfrist absichtlich so gelegt worden, dass eine öffentliche Prüfung vermieden wird, indem man versucht, die Frist vor Beginn des 77. ICANN-Meetings zu beenden; dort hätte man den ICANN-Mitarbeitern und dem Vorstand Fragen stellen können. Allerdings orientieren sich die nur wenigsten öffentlichen Kommentierungsfristen am Datum eines ICANN-Meetings, so dass auch hier ICANN zwar Absicht unterstellt werden kann; zwingend ist diese Einschätzung aber nicht.

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