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Der Verkauf von PIR (.org) an Investoren sorgt für Unmut und Proteste

Die Veräußerung der .org-Verwalterin Public Interest Registry (PIR) an den Finanzinvestor Ethos Capital schlägt hohe Wellen: mehrere Organisationen haben angekündigt, bei ICANN gegen den Verkauf protestieren zu wollen. Große Erfolgsaussichten werden ihnen aber nicht eingeräumt.

Wie in der vergangenen Woche gemeldet, hat das Investmentunternehmen Ethos Capital für einen nicht genannten Kaufpreis sämtliche Gesellschaftsanteile an PIR von der gemeinnützigen Internet Society (ISOC) übernommen. Der Verkauf sorgte weltweit für Aufsehen, war es PIR doch erst im Juni 2019 gelungen, den Verwaltervertrag mit ICANN um zehn Jahre zu verlängern und ausserdem die Gebührendeckelung (»price caps«) für .org zu streichen, so dass die Gebühren frei festgesetzt werden können. Hinzu kommen personelle Verflechtungen von Ethos Capital unter anderem mit dem früheren ICANN-CEO Fadi Chehadé, die für Stirnrunzeln sorgen. Befürchtet wird vor allem, dass die Gebühren für .org-Domains erheblich steigen könnten, auch wenn Ethos Capital mitteilte, mit der Übernahme keinen »Masterplan« für eine Preiserhöhung zu verfolgen; jede Erhöhung werde nachvollziehbar sein und fair ausfallen.

Doch so recht glauben will das niemand. Jacob Malthouse, vormaliger Mitarbeiter von ICANN und inzwischen CEO der .eco-Verwalterin Big Room, hat über die Plattform change.org die Petition »Stop the .ORG Takeover« gestartet und mit savedotorg.org eine Website erstellt, über die ICANN dazu gedrängt werden soll, einen Verkauf von PIR an Ethos Capital zu verhindern. Zur Begründung verweist man darauf, dass die Verlängerung des Registry-Vertrages PIR das Recht zu Änderungen gegeben habe, die den Interessen der .org-Community diametral entgegenstehen. Nicht erwähnt wird aber, dass ICANN den Verkauf rechtlich gar nicht unterbinden kann. Einen anderen Weg schlägt der US-Domain-Registrar Namecheap Inc. ein; er hat zum einen Rechtsmittel gegen die Ablehnung seines »Reconsideration Request« Beschwerdeverfahrens eingelegt, zum anderen möchte er über ein »Cooperative Engagement Process«-Verfahren eine unabhängige Untersuchung ermöglichen. Die Electronic Frontier Foundation (EFF), die ebenfalls mit einem »Reconsideration Request«-Beschwerdeverfahren erfolglos geblieben ist, hat sich schließlich direkt an die ISOC gewandt. In einem Schreiben vom 22. November 2019 fordert die EFF gemeinsam mit 26 weiteren Organisationen wie Creative Commons, Girl Scouts of the USA, Internet Archive, Meals on Wheels America und YMCA of the USA den PIR-CEO Andrew Sullivan dazu auf, die Verkauf noch zu stoppen. Auch die EFF warnt vor einem möglichen Missbrauch der Marktstellung durch Ethos Capital, namentlich einer drastischen Preiserhöhung.

ICANN hat sich zu dieser Welle der öffentlichen Empörung nicht geäussert. Anlässlich einer Sitzung des Board of Directors vom 21. November 2019 standen zwar die Beschwerdeverfahren von Namecheap und EFF auf der Tagesordnung, Beschlüsse wurden bisher aber nicht gefasst. Ob ICANN zum Zeitpunkt der Verlängerung des Registry-Vertrages für .org von den Verhandlungen zwischen der ISOC und Ethos Capital wusste, ist unklar; PIR-CEO Jon Nevett gab jedoch an, dies nicht offengelegt zu haben. Zak Muscovitch von der Internet Commerce Association hat sich mittlerweile mit einem sieben Punkte umfassenden Fragenkatalog an die ICANN-Führung gewandt und Aufklärung gefordert; auch dazu hat ICANN bisher aber keine Stellungnahme abgegeben.

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