Die US-amerikanische Automattic Inc., bekannt geworden für ihren Blogging-Dienst wordpress.com, rückt der Unendlichkeit ein kleines Stückchen näher: für einmalige US$ 2.000,– lassen sich Domain-Namen für ein ganzes Jahrhundert im Voraus registrieren. In der Vergangenheit gingen solche Angebote nicht immer gut aus.
Während sich in Deutschland die Registrierungsverträge für Domain-Namen in der Regel automatisch verlängern, sofern sie ihr Inhaber nicht fristgemäß kündigt, müssen sie in den USA ausdrücklich erneuert werden. Dabei kommt es immer wieder zu Pannen, bei denen selbst weltweit bekannte Unternehmen wie Microsoft oder renommierte Tageszeitungen wie die Washington Post vergessen, ihre Domains rechtzeitig zu erneuern. Bereits im Jahr 2004 lockte der Domain-Registrar Network Solutions Inc. (NSI) daher seine Kunden mit einem ganz besonderen Angebot: der Registrierungsvertrag für eine .com-Domain sollte sich nach der von ICANN festgelegten, maximal zulässigen Höchstdauer von 10 Jahren immer wieder verlängern, bis 100 Jahre voll sind. Die dafür fälligen US$ 999,– hatte der Kunde im Voraus zu entrichten. An dieses Angebot knüpft auch Automattic an:
But with our 100-Year Domains, we start with a 10-year registration and handle renewals automatically by adding a year to registration annually so there is always at least a nine-year buffer.
Das Angebot der einhundertjährigen Registrierung erstreckt sich dabei auf Domain-Namen unterhalb der Endungen .com, .org und .net sowie der zu Automattic gehörenden .blog. Dafür berechnet Automattic einmalig US$ 2.000,– (umgerechnet ca. EUR 1.918,–), jährliche Verlängerungsgebühren fallen nicht an.
Das Angebot ist Teile eines 100-Jahres-Plan, der auf eine langfristige digitale Aufbewahrung abzielt. Wer bereits ist, insgesamt US$ 38.000,– (umgerechnet ca. EUR 36.451,–) zu bezahlen, erhält neben der Domain unter anderem das Hosting der Online-Präsenz, einen eigens nummerierten Treuhand-Account für eine reibungslose Verwaltung sowie eine Datenaufbewahrung nach dem Prinzip »Lots of Copies Keeps Stuff Safe« (LOCKSS) in mindestens drei separat gespiegelten Datenzentren, um Zugriff und Redundanz im Falle von Ausfällen oder Katastrophen zu gewährleisten. Darüber hinaus verfügen Webseiten im 100-Jahres-Plan über aktive Snapshot-Backups in der Wayback-Machine und im Wayback Linkfixer-Plugin, um alle fehlerhaften Links auf einer Website auf den aktuellen Link im Internetarchiv umzuleiten. Selbst ein individuelles Plakat aus Metall und Glas zur Erinnerung an das Engagement für die Zukunft fehlt nicht.
Doch die Praxis zeigt, dass solche Angebote nicht jeden überzeugen. Für natürliche Personen dürfte es schon deshalb weniger interessant sein, weil biologische Gründe dafür sprechen, dass man das Vertragsende nicht erreicht. Unternehmen dürften sich dagegen die Option offenhalten wollen, auf künftige Entwicklungen flexibel zu reagieren. Und wer will ausschliessen, dass Domains in 30 oder 40 Jahren nur wenige Cent kosten?! Wirtschaftlich zu bedenken ist weiter, dass niemand weiß, ob wordpress.com in 100 Jahren noch existiert. Der US-Registrar Epik, der mit „Forever Domains“ im Jahr 2018 zu einem Preis von US$ 420,– auf den Markt ging, hat das Angebot inzwischen zurückgezogen; zudem hatte er sich das Recht vorbehalten, gegen Erstattung der Gebühren jederzeit einen Rückzieher machen zu dürfen. Das Vertrauen der Kunden gewinnt man auf diese Weise eher nicht. Letztlich ist die Sache aber einfach: allein die Kunden entscheiden, ob sie den Service annehmen.