Die Krise um das African Network Information Centre (AfriNIC) spitzt sich zu: wie die Internet-Verwaltung ICANN mitteilt, wurde am 12. Februar 2025 ein Insolvenzverwalter eingesetzt.
Fünf Regional Internet Registries (RIRs) kümmern sich weltweit um die Zuteilung von IP-Adressen, darunter das Réseaux IP Européens Network Coordination Centre (RIPE NCC) für Europa, den Mittleren Osten und Teile von Zentralasien und das AfriNIC für Afrika. Die RIRs sitzen an der Schnittstelle für ein begehrtes Gut: IP-Adressen im Format IPv4, denn rund um den Globus gehen diese Adressen aus. Um von diesem Mangel zu profitieren, hatte sich die Cloud Innovation Ltd. (CI), eine auf den Seychellen ansässige, aber mit der in Hong Kong ansässigen Larus Ltd. in Geschäftsverbindung stehende Unternehmung, auf den Verleih von IPv4-Adressen spezialisiert. Als Mitglied von AfriNIC hat CI etwa 6,2 Mio. IPv4-Adressen bezogen. Im Jahr 2020 fiel AfriNIC bei einer Prüfung jedoch auf, dass die Mehrzahl der IPv4-Adressen vertragswidrig außerhalb der AfriNIC-Region eingesetzt wird; daher drohte man CI den Entzug der IPv4-Adressen an. Das war der Auslöser für CI, AfriNIC mit zahlreichen Klagen zu überziehen. Dabei erzielte CI einen für AfriNIC existenzbedrohenden Teilerfolg: der Supreme Court of Mauritius urteilte am 13. Juli 2021, dass die Konten von AfriNIC bei der SBM Bank Ltd. (Mauritius) und der Mauritius Commercial Bank bis zu einem Betrag von US$ 50 Mio. vorübergehend eingefroren sind. Erst im Oktober 2021 gelang es, diese Entscheidung zu revidieren. Am 19. Juli 2022 hat sodann der Supreme Court of Mauritius angeordnet, dass CI sein umstrittenes Lizenzverfahren für IPv4-Adressen zumindest vorläufig weiterbetreiben darf.
Seither kehrte etwas Ruhe ein, doch die war trügerisch. Am 09. März 2025 teilte ICANN mit, dass man einen Gerichtsbeschluss der Insolvenzabteilung des Obersten Gerichtshofs von Mauritius vom 12. Februar 2025 zur Kenntnis genommen habe. In diesem Gerichtsbeschluss wird Gowtamsingh Dabee von der Kanzlei GD Riches zum Insolvenzverwalter von AfriNIC ernannt; zugleich wurde er angewiesen, die Angelegenheit zu beschleunigen, um Wahlen zur Neubestellung des AFRINIC-Vorstands bis zum 25. April 2025 zu planen und durchzuführen. AfriNIC hat die Meldung unter Verweis auf Section 187 des Insolvency Act 2009 inzwischen bestätigt. Hintergrund scheint zu sein, dass AfriNIC nicht nur mit CI zu kämpfen hat, sondern nach Angaben von theregister.com auch unter dem Vorwurf der sexuellen Belästigung und der Korruption von Mitarbeitern. Seit 2023 sei die Organisation daher nicht in der Lage, einen Geschäftsführer zu ernennen oder einen Vorstand zu bilden; der Geschäftsbetrieb selbst läuft jedoch. Wie ICANN weiter mitteilt, habe man Dabee jede Unterstützung angeboten:
On behalf of ICANN, we stand ready to support a swift running of full and fair elections to restore AFRINIC to governance, with processes developed in alignment with the AFRINIC Bylaws, as feasible.
Allerdings findet sich auch die ausdrückliche Aufforderung, ordnungsgemäße Aufzeichnungen über Registry-Aktivitäten zu führen, denn die Verwaltung der IP-Adressen unterstünde letztlich IANA, deren Aufgaben ICANN wahrnehme:
Those numbering resources are not assets of the RIR – in fact, the value of the RIR is in its distribution of those resources in accordance with the local policies governing that allocation.
Man werde daher die Situation weiterhin genau beobachten und dem Insolvenzverwalter die erforderliche Unterstützung zur Wiederherstellung der funktionalen Verwaltung und des Betriebs von AfriNIC leisten. Zugleich hofft man, dass die jüngsten Entwicklungen AfriNIC wieder stabilisieren werden. Bei theregister.com ist man da allerdings ganz anderer Ansicht:
AFRINIC elections, however, often produce controversy. The Register expects things may get quite spicy in coming weeks!