TMCH

Kommt Strohmann-Modell für Clearing House?

Vergangene Woche fand das von ICANN-CEO Fadi Chehadé anberaumte zweite TMCH-Treffen hinter verschlossen Türen in Los Angeles statt. Chehadé wertete in einem weiteren Blogpost das Treffen positiv, andere sehen die Entwicklungen weiterhin skeptisch.

Nachdem zwei Wochen zuvor in Brüssel ein ICANN-Treffen im stillen Kämmerlein, zu dem nur bestimmte Stakeholder eingeladen wurden und andere sich einfach so dazu gesetzt hatten, Fragen zum Trademark Clearinghouse besprochen wurden, traf man sich vergangene Woche in Los Angeles. Ziel des erneuten Treffens war, die richtige Lösung für die anstehenden Fragen zu finden. Die Entwicklung und Übernahme der Lösungen soll dann im Laufe der kommenden Wochen und Monate vonstatten gehen. Wieder waren neben ICANN-Vertretern Vertreter der Business Constituency, Intellectual Property Constituency und der Internet Service Provider sowie Repräsentanten der Registrar Stakeholdergroup (RrSG), der Registry Stakeholdegroup (RySG), Noncommercial Users Constituency und der At Large Advisory Committee anwesend.

Zunächst verschaffte Fadi Chehadé den Teilnehmern einen Überblick über die Servicestruktur, die ICANN im Hinblick auf die neuen Domain-Endungen aufbaut, die die diversen Vertragspartner wie die DNS-Industrie und gTLD-Service-Anbieter betreffen. Dann ging es an die Probleme mit dem Trademark Clearinghouse: Acht Punkte wollte Chehadé mit den Teilnehmern besprechen, von denen drei gleich zu Anfang ausgeklammert wurden, da diese bereits in anderen Projektierungen bearbeitet werden. Zu ihnen gehören die Validierung von WHOIS-Daten, die Durchsetzung der Einhaltung aller Registry-Verpflichtungen für Standard-Anwendungen und die Ausdehnung des Trademark Claim Service auf bereits in UDRP-Verfahren entschiedenen Missbrauchsfällen. Kernfragen der fünf verbliebenen Problempunkte waren: Wie lange sollen Sunrise- und Claim-Service dauern, welche Marken sollen in das Trademark Clearinghouse Eingang finden sowie die Einrichtung eines zweiten Markenschutzmechanismus mit einer Sicherung für Registranten.

Die Beteiligten des Meetings entwickelten in der Diskussion ein Strohmann-Modell, das als Ausgangsbasis für weitere Verhandlungen dient. So wird den Markeninhabern ausreichend Reaktionszeit eingeräumt, indem die Registries bereits 30 Tage vor einer 30 Tage währenden Sunrise Periode auf diese hinweisen. Die Trademark Claim Periode wird auf 90 Tage ausgedehnt. Darüber hinaus ist nun ein »Claim 2« genannter Service für Markeninhaber angedacht, der – gegen einen weiteren Obolus versteht sich – den Claim Service auf sechs bis zwölf Monate ausdehnen würde. Die für die Claim Services bereit gestellte Datenbank soll neben der Marke auch bis zu 50 Kombinationen mit bereits per UDRP geregelten Missbräuchen je Marke umfassen. Das alles – wie gesagt – gilt lediglich für das Strohmann-Modell, anhand dessen die tatsächlichen Modi erst noch ausgearbeitet werden sollen. In das Strohmann-Modell ist nicht miteingeflossen, wie etwaige Blockademechanismen aussehen könnten. In einem nächsten Schritt will man sich weiter austauschen und Rückmeldungen der unterschiedlichen Beteiligten zum Strohmann-Modell und dessen Umsetzung würdigen. Damit wendet sich Chehadé nun Fragen der Uniform Rapid Suspension (URS) und der Registry-Verträge zu, die in kommenden Meetings zielführend besprochen werden sollen.

Das Ergebnis dieses Treffens in Los Angeles endet also mit einem Strohmann-Modell, das die Grundstruktur für die tatsächliche Umsetzung der Trademark Clearing House darstellt. Die Möglichkeiten, tatsächlich noch Einfluss zu nehmen und das Konzept in andere Bahnen zu lenken, sind geradezu ausgeschlossen. Denn nicht zur Disposition stand wohl, dass Deloitte und IBM das Monopol für das Trademark Clearinghouse inne haben und nicht wieder hergeben. Gerade diesen Punkt kritisiert Werner Staub von CORE (Internet Council of Registrars) vehement in einem Kommentar zu Chehadés Blogbeitrag. Staub sieht das Risiko, dass das System nicht nur monopolisiert ist, sondern auch nach technischen Gesichtspunkten langsam, weil nicht DNS-basiert und auf mehrere konkurrierende Trademark Clearinghouse-Provider verteilt. Die Registrar Stakeholdergroup (RrSG) arbeitet noch an einer Zusammenfassung und Stellungnahme zu diesem letzten Treffen.

Den Blogbeitrag von Fadi Chehadé nebst Kommentar von Werner Staub finden Sie auf dem ICANN-Blog.

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