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Streit um .sucks-Preise spitzt sich zu – ICANN bittet kanadische Institutionen um Prüfung

Der Streit um die Einführung der neuen Top Level Domain .sucks gewinnt an Schärfe: aufgrund des Vorwurfs eines »räuberischen Gebührenmodells« hat die Internet-Verwaltung ICANN staatliche Behörden um eine eingehende Prüfung gebeten.

Noch bis zum 29. Mai 2015 dauert die Sunrise-Period für .sucks-Domains, und blickt man auf die Website der Verwalterin Vox Populi Registry Inc., läuft sie prächtig: egal, ob iphone.sucks, ebay.sucks, office365.sucks – zahlreiche Inhaber berühmter Marken sollen sich bereits für eine Registrierung entschieden haben. Eine Zahlung von US$ 2.499,– oder mehr im Jahr pro .sucksDomain soll offenbar möglichen Schaden abwenden. Möglicherweise hat Vox Populi damit jedoch die Schraube überdreht. Ungeachtet der Debatten, die .sucks seit Jahren begleiten, hat sich Gregory Shatan, President von ICANNs Intellectual Property Constituency (IPC), nun mit einem Schreiben vom 27. März 2015 an Akram Atallah, President der Global Domains Division ICANNs, gewandt und förmlich dazu aufgefordert, die Markteinführung zu stoppen. Die »unglaublich hohen« Gebühren würden Markeninhaber davon abhalten, vom Trademark Clearinghouse Gebrauch zu machen und ihre Rechte zu schützen. Zwar mag es sein, dass .sucks in Einzelfällen dazu dient, legitime Kritik zu äußern; das »räuberische« Preismodell von Vox Populi (mit Kosten, die über 250 Mal höher seien als bei einer Registrierung in der Live-Phase) würde jedoch die Möglichkeit einer Rechtsverletzung drastisch erhöhen. Selbst ein Abwarten auf die Live-Phase wäre für Markeninhaber vergeblich, da Vox Populi sogenannte »Sunrise Premium«-Domains eingeführt hat, die auch künftig mindestens US$ 2.499,– jährlich kosten. Diese »Macht durch Zwangsausübung« gelte es zu beenden, und wenn nicht ICANN, wer sonst könne dies tun?!

ICANN hat prompt reagiert, allerdings anders als erwartet. Mit Schreiben vom 9. April 2015 wandte sich John O. Jeffrey, Leiter der ICANN-Rechtsabteilung an die U.S. Federal Trade Commission (FTC) sowie das für Vox Populi sitzgemäß zuständige kanadische Office of Consumer Affairs (OCA). Demnach ist man besorgt über die ernsthaften Vorwürfe; man sehe sich jedoch außer Stande zu entscheiden, ob ein Rechtsverstoß vorliege und sei in den Reaktionsmöglichkeiten eingeschränkt. Unter Vorlage des Schreibens von Gregory Shatan bittet man deshalb die beiden Verbraucherschutzbehörden um Prüfung, ob Vox Populi illegal gehandelt hat. Sollte das der Fall sein, könnte zugleich auch ein Verstoß gegen den Registry-Vertrag vorliegen, der ICANN zu eigenen Konsequenzen berechtigten würde. Da die Sunrise Period für .sucks bereits am 29. Mai 2015 endet, erbitte man eine rasche Prüfung. Davon unabhängig prüft ICANN aber auch intern, ob ein Eingreifen veranlasst ist.

In einer ersten Reaktion zeigte sich Greg Shatan über das Handeln von ICANN zufrieden, wies jedoch darauf hin, dass sowohl FTC als auch OCA eine umfangreiche Prüfung bevorstehe. Jedoch muss sich ICANN auch den Vorwurf gefallen lassen, mit dem nTLD-Programm Millionen an US-Dollar zu verdienen, aber sich bei unangenehmen Themen der Verantwortung entziehen zu wollen. Offiziell lagen 2014 die Ausgaben für Anwaltshonorare bei über US$ 4 Millionen; dass man jetzt nicht in der Lage ist, eventuelle Rechtsverstöße selbst zu prüfen, kann nur als Armutszeugnis gewertet werden. Nach staatlichem Handeln zu rufen, obwohl man zugleich den staatlichen Einfluss zurückdrängen möchte – gut möglich, dass der Streit um .sucks größere Kreise zieht, als ICANN derzeit ahnt.

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