nTLDs

Nach langem Lavieren zwischen den Mercks ist der Weg frei für .merck

Das langjährige Duell um die Top Level Domain .merck endet mit zwei Gewinnern: die in Darmstadt ansässige Merck KGaA und die US-amerikanische Merck Registry Holdings Inc. betreiben die begehrte Marken-Endung künftig gemeinsam.

Die Auseinandersetzung zwischen den beiden »Mercks« reicht bis in den Ersten Weltkrieg zurück. 1827 begann Heinrich Emanuel Merck in Darmstadt mit der industriellen Produktion von Chemikalien. Das erfolgreiche Exportgeschäft in die USA führte 1887 zur Eröffnung einer Niederlassung in New York, wo Georg Merck 1891 die Merck & Co gründete. Infolge des Ersten Weltkriegs kam es zur Enteignung, Merck & Co Inc. wurde ein unabhängiges amerikanisches Unternehmen. Heute sind beide Unternehmen nicht mehr miteinander verbunden, gemeinsam haben sie nur noch den Namen »Merck«. In Nordamerika hält Merck & Co Inc. die Namensrechte; außerhalb davon tritt das US-Unternehmen als Merck Sharp and Dohme (MSD) oder MSD Sharp & Dohme auf. Die Merck KGaA wiederum hält die Rechte am Namen Merck im Rest der Welt und tritt in Nordamerika unter der Dachmarke EMD auf, die aus den Initialen für Emanuel Merck, Darmstadt, gebildet wurde. Im Jahr 2012 kam es aber erneut zum Konflikt, nachdem sich sowohl die Merck KGaA als auch die zu Merck & Co Inc. gehörende Merck Registry Holdings Inc. um die Endung .merck bewarben. Es entbrannte ein Streit, in dem zuletzt das Board Accountability Mechanisms Committee (BAMC) von ICANN zum Ergebnis gelangte, dass ein »Request for Reconsideration« beider Bewerber unbegründet ist. Am 14. Oktober 2019 hatten sie das Beschwerdeverfahren eingeleitet, um eine »auction of last resort« zu verhindern und zusätzliche Zeit für eine gütliche Einigung zu gewinnen. Damit drohte eine Premiere im nTLD-Programm: die erste von ICANN geleiteten Versteigerung einer .brand.

Doch dazu wird es nicht kommen, denn die Merck KGaA hat die Bewerbung um .merck zurückgezogen. Die offizielle Bewerberdatenbank von ICANN führt sie schon mit dem Status »Withdrawn«. Allerdings hat sich die Merck KGaA ihre Bewerbung nicht – wie in anderen Fällen passiert – abkaufen lassen, sondern eine kreative Lösung gesucht und gefunden, die beiden Unternehmen hilft. So hat die Merck Registry Holdings Inc. am 21. März 2021 eine geänderte Bewerbung bei ICANN hinterlegt. Darin heisst es, dass man beabsichtige, im Fall eines erfolgreichen Zuschlags die Rechte aus dem Registry-Vertrag auf die MM Domain Holdco Ltd. zu übertragen. Diese in London ansässige Gesellschaft wurde im November 2020 gegründet. Zum »Director« wurden am 25. November 2020 der Brite David Johnathan Peacock, die Deutsch-Britin Antje Ehrlich sowie die US-Amerikanerin Jennifer Lynn Zachary berufen. Ehrlich war (oder ist) als »senior trade mark counsel« für die Merck KGaA tätig, Zachary anwaltlich für die Merck & Co Inc. Formalrechtlich wird also die Merck & Co Inc. den Registry-Vertrag mit ICANN abschließen, die Domain-Endung jedoch gleichberechtigt mit der Merck KGaA über die MM Domain Holdco Ltd. verwalten. Für diese Annahme spricht ferner, dass die aktualisierten Bewerbungsunterlagen nun ausdrücklich erwähnen, dass auch »other registrants« registrierungsberechtigt sein sollen.

Ein solches »nTLD-Sharing« wäre einmalig in der Geschichte der Top Level Domains. Bisher kannte man das nur auf der Ebene der Second Level Domain wie etwa im Fall von scrabble.com; vor einigen Jahren teilten sich zudem die Volkswagen AG und der Feinkosthändler Käfer die Domain kaefer.de. Otto Normaluser dürfte davon wenig mitbekommen: mit einer offenen, also für alle frei zugänglichen Registrierung ist nicht zu rechnen, egal, wer die Endung .merck verwaltet.

Update am 19.05.2021
Der Text wurde insgesamt leicht überarbeitet.

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