Die Einführung neuer generischer Top Level Domains könnte sich künftig noch schwieriger gestalten als bisher. Diese Befürchtung äußerte der ICANN-Regierungsbeirat Governmental Advisory Committee (GAC) anlässlich des 68. ICANN-Meetings, bei dem die nächste Einführungsrunde einen Schwerpunkt bildete.
Über viereinhalb Jahre sind vergangen, seit ICANN am 17. Dezember 2015 die »New gTLD Subsequent Procedures PDP Working Group« ins Leben gerufen hat, um die Erfahrungen aus der Einführungsrunde im Jahr 2012 auszuwerten. Seither tut sich wenig. Mitte Juni 2019 ließ das fünfseitige Thesenpapier »ICANN Org’s Readiness to Support Future Rounds of New gTLDs« aufhorchen. Darin skizzierte die Internet-Verwaltung, aufgeteilt in die acht Sektionen »Timeline to next round, Expected volumes of applications and processing time, Policy implementation, Readiness activities, Systems & tools, Operational processes, People and Costs«, den Weg für eine weitere nTLD-Runde, bis zu der Überlegung, das Bewerbungsfenster dauerhaft einmal im Jahr zu öffnen. Bis zur praktischen Umsetzung wird es jedoch noch eine geraume Weile dauern, wobei die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Reisebeschränkungen für zusätzliche Verzögerungen sorgen dürften.
Neues Ungemach sieht auch das GAC aufziehen. Anlässlich des 68. Meetings, das ausschließlich virtuell abgehalten wurde, veröffentlichte der Regierungsbeirat sein traditionelles Kommuniqué. Darin hebt er zunächst hervor, dass er den Neuregelungen rund um die nächste Einführungsrunde gleich drei Sessions gewidmet hat. Im Mittelpunkt standen die Punkte »Private Resolutions of String Contentions« und »Predictability Framework for Next Rounds of New gTLDs«. Beim ersten Punkt bemängelten einige Mitglieder des GAC, dass keine Alternativen zu privaten Auktionen gesucht worden seien. Weitaus problematischer war jedoch der zweite Punkt. Hier hatte die Arbeitsgruppe empfohlen, ein »Predictability Framework« zusammen mit einem »Standing Predictability Implementation Review Team« (SPIRT) ins Leben zu rufen. Es soll nach Veröffentlichung des Bewerberhandbuchs zusammengesetzt werden und mögliche Änderungen erst vorschlagen und dann umsetzen, ohne die komplexen Prozesse für Policy-Änderungen bei ICANN durchlaufen zu müssen. Als Beispiel gilt die Verlängerung der Frist, innerhalb der die eingegangenen Bewerbungen veröffentlicht werden müssen, etwa weil deren Anzahl unerwartet hoch ist. Was sich praktisch sinnvoll anhört, könnte nach Einschätzung einiger Mitglieder des GAC dazu führen, dass der Einführungsvorgang noch komplexer wird, da es zu Abweichungen von bisherigen ICANN-Regularien kommen könnte. Sollte diese Idee weiterverfolgt werden, müsse der neue Mechanismus »lean, inclusive and transparent« gehalten werden.
Bleibt die oft gestellte Frage, wann die nächste Einführungsrunde beginnen könnte. Auch wenn es eine klare Antwort darauf nicht gibt, so geht die allgemeine Meinung dahin, dass vor 2023 keine neuen Registry-Verträge abgeschlossen werden. Dies spricht dafür, dass potentielle Bewerber frühestens 2022 Gelegenheit haben werden, sich um neue generische Domain-Endungen zu bewerben.