Die Internet-Verwaltung ICANN kann für ihr Programm zur Einführung neuer globaler Top Level Domains offenbar mit einer Unterstützung des US-Senats rechnen. Die Senatoren plädierten allerdings dafür, dem Programm mehr Zeit zu geben.
Am Donnerstag letzter Woche hatte das „Committee on Commerce, Science and Transportation“ des US-Senats offenbar auf Drängen der Association of National Advertisers (ANA) kurzfristig eine Anhörung angesetzt, um sich mit der Erweiterung des Namensraumes zu beschäftigen. Mit Kurt Pritz (Senior Vice President ICANN), Fiona Alexander (National Telecommunications and Information Administration), Dan Jaffe (Coalition for Responsible Internet Domain Oversight), Esther Dyson (ICANN-Gründungsmitglied) und Angela F. Williams (YMCA) war die rund 87-minütige Anhörung prominent besetzt. In ihren Eröffnungsreden untermauerten alle Geladenen ihren erwartbaren Standpunkt. Für Aufsehen sorgte lediglich Esther Dyson, die bisher als Befürworterin des TLD-Programms galt. In ihrer Anhörung zeigte sie sich jedoch enttäuscht über ICANNs Entwicklung; die ganze Idee neuer Domain-Endungen sei »fundamentally misguided«, Domains wie zum Beispiel marriott.hotel schlicht überflüssig und zudem eine grosse Verschwendung sowie Verwirrung für die Verbraucher. Sie sehe in dem Programm keinen Sinn.
Für Durchatmen bei den Befürwortern dürfte die anschliessende Rede von Senator Jay Rockefeller gesorgt haben. Er sagte, dass man sich an Domains wie .hotel oder .auto gewöhnen müsse; dies sei der Ausgangspunkt seiner Überlegungen. Er warnte jedoch vor Folgen, die nicht vorhersehbar wären; sollte ICANN gleichwohl mit der Expansion fortfahren, solle die Organisation dies deshalb besser langsam und vorsichtig tun. Das Potential für Fälschung und Verbraucherverwirrung sei massiv und streite für eine verzögerte Einführung; man solle keine Maßnahmen ergreifen, die man später bedaure, das sei maßgeblich. »The sky is the limit – thats both the challenge and the threat«, so Rockefeller, um nochmals eindringlich vor unbeabsichtigten Folgen zu warnen. Dass sich sowohl Jaffe als auch Williams dafür einsetzten, das Programm deshalb zu verschieben, kam wenig überraschend.
In der anschließenden Fragerunde gab Kurt Pritz nochmals Einblick in die Ansichten und Pläne von ICANN. So habe man zu Beginn des Programms mit 300 bis 400 Anmeldungen um neue Domain-Endungen gerechnet; inzwischen geht man von 500 bis zu etwas über 1.000 Bewerbern aus, ohne jedoch verlässliche Zahlen zu kennen. Zugleich stellte er erstmals öffentlich klar, dass in Einzelfällen bei finanzschwachen Bewerbern die Bewerbungsgebühr von US$ 185.000,– auf US$ 47.000,– reduziert werden könne; Details blieben offen. Für Unmut des Senats sorgte noch der fast übergangslose Wechsel des ehemaligen ICANN-Aufsichtsrates Peter Dengate Thrush zum TLD-Beratungsunternehmen Minds+Machines; hier versprach Pritz, mit neuen Regeln entgegenzusteuern und eine zwölfmonatigen Auszeit einzuführen.
Unmittelbare Entscheidungen folgten der Senat-Anhörung nicht. Ob der 12. Januar 2012 als Termin für die Öffnung des Bewerberfensters allerdings gehalten werden kann, bleibt bis zuletzt unsicher.