nTLDs – Im Streit um .web ergreift VeriSign die Initiative und fragt: »Who Is Really Behind the Plan to Block .Web?«

Im Streit um die Einführung der neuen Top Level Domain .web geht VeriSign in die Offensive: in einem Blog-Beitrag warf die .com-Registry der bisher erfolglosen Bewerberin Afilias Domains No. 3 Limited Intransparenz vor und griff das vormals als Donuts bekannte Unternehmen Identity Digital scharf an.

Im November 2018 hatte Afilias Domains No. 3 Limited, die inzwischen als Altanovo Domains Ltd. firmiert, ein IRP-Verfahren (Independent Review Process) gegen ICANN eingeleitet. Der zentrale Vorwurf von Afilias lautete, dass es der im Rahmen einer von ICANN veranstalteten Auktion siegreiche Bewerber Nu Dot Co LLC (NDC) versäumt hatte, offenzulegen, dass man mit VeriSign einen finanzstarken Partner im Rücken hatte, der das siegreiche Auktionsgebot von US$ 135 Mio. erst möglich gemacht hat. Am 20. Mai 2021 gab das Panel des International Centre for Dispute Resolution (ICDR) der Beschwerde statt und wies ICANN an, erneut zu entscheiden, ob das »Domain Acquisition Agreement« zwischen NDS und VeriSign gegen die Regeln im nTLD-Programm verstößt. Am 30. April 2023 stellte das Board of Directors von ICANN fest, dass NDC weder durch den Abschluss des »Domain Acquisition Agreement« mit VeriSign noch durch die Teilnahme an der .web-Auktion gegen die Regelungen im Bewerberhandbuch oder die Auktionsregeln verstoßen hat. Prompt folgte im Juli 2023 ein zweites IRP-Verfahren, in dem Afilias die Vorwürfe aus dem ersten Verfahren im Wesentlichen wiederholt und vertieft. Damit scheint eine Verzögerung bis zum Live-Start von .web von mehreren Jahren vorprogrammiert.

Nachdem er Afilias im Mai 2023 bereits Verzögerungen durch unbegründete Verfahrensmanöver vorwarf, legt Kirk Salzmann, Vice President und Associate General Counsel bei VeriSign, nun nach. In einem Blog-Artikel mit dem provokativen Titel

Who Is Really Behind the Plan to Block .Web?

wirft er Afilias vor, dass die eigenen wahren Gesellschafts- und Kontrollverhältnisse verschleiert würden. Altanovo Domains Ltd. sei nur eines von mindestens sieben miteinander verbundenen Unternehmen, die in den letzten Jahren in Delaware, Irland und Kalifornien gegründet wurden. Die Inhaberliste dieser Unternehmen werde geheim gehalten und so die Identität der Personen, denen Altanovo Domains Ltd. tatsächlich gehört, vor der Öffentlichkeit verschleiert. Klar sei, dass diese sieben Unternehmen gegründet worden seien, als Donuts (heute Identity Digital) – ein ebenfalls unterlegener Bieter für .web – das Registry-Geschäft von Afilias übernahm. Außerdem weist Salzmann darauf hin, dass Donuts 2016 erfolglos ICANN auf Zahlung von mindestens US$ 22,5 Mio. verklagt habe – das entspreche dem Anteil, den Afilias für .web geboten hatte und der als Entschädigung für Donuts für das Verlieren der Auktion gedacht war. Donuts und Afilias hätten vereinbart, zusammen mit anderen zusammenzuarbeiten, um den Erlös der Auktion im Voraus aufzuteilen, und boten einigen Bewerbern an, ihnen Millionen von US-Dollar zu zahlen, damit sie die Auktion absichtlich verlieren – ein nach Ansicht von Salzmann wettbewerbswidriger Plan, um den Preis und den endgültigen Gewinner der .web-Auktion zu kontrollieren. Afilias habe auch versucht, NDC mit einem Angebot von mehr als US$ 17 Mio. zur Teilnahme an diesem Plan zu bewegen. Als die Bemühungen von Donuts und Afilias, die Auktion zu manipulieren, fehlschlugen und auch der Rechtsstreit von Donuts im Jahr 2016 scheiterte, habe Afilias den Staffelstab übernommen, um .web zu verzögern.

Ebenso besorgniserregend sei, dass Altanovo in Finanzunterlagen erklärt habe, dass die finanziellen Verluste das Vermögen überstiegen. Dies habe man mit folgendem Zusatz erklärt:

directors were confident that the Company will be able to continue in existence due to the availability of support from an associated company.

Das einzige Geschäft von Altanovo scheine aber der Rechtsstreit im Zusammenhang mit .web zu sein. Die Kosten das erste IRP-Verfahren hätten sich auf US$ 10 Mio. belaufen, und die Kosten für das zweite Verfahren dürften genauso hoch sein. Wenn Altanovo die Rechtsstreitigkeiten nicht bezahlen könne, ohne die Finanzierung von einem nicht identifizierten »verbundenen Unternehmen« zu erhalten, müsse man sich fragen: Wer profitiert von der Verzögerung bei der Delegation von .web? Wer ist daran interessiert, .web vom Markt fernzuhalten? Für Salzmann lautete die Antwort Donuts und Afilias, also inzwischen Identity Digital und Altanovo. Die Community solle daran interessiert sein, die »real sources of ownership, control, and funding« zu entlarven. Ob das im zweiten IRP-Verfahren gelingt, bleibt abzuwarten.

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