Aufatmen bei vielen nTLD-Bewerbern: das »New gTLD Program Committee« (NGPC) der Internet-Verwaltung ICANN hat entschieden, trotz des Risikos von Namenskollisionen im Domain Name System mit der Prüfung fortzufahren. Lediglich für zwei Endungen geht es kaum mehr weiter.
Im Januar 2013 hatte das Security and Stability Advisory Committee (SSAC) von ICANN darauf hingewiesen, dass es zu Konflikten zwischen neuen Domain-Endungen und solchen Domains kommen könnte, die wie zum Beispiel .corp, .mail oder .home inoffiziell in lokalen, privaten Netzwerken verwendet werden. Im Mai 2013 beschloss der ICANN-Vorstand daraufhin, bei der Interisle Consulting Group LLC eine Studie in Auftrag zu geben, um erstmals belastbares Zahlenmaterial zu erhalten. Die daraufhin im August 2013 veröffentlichte Studie mit dem Titel »Name Collision in the DNS« untersuchte 8 Terabyte des Datenverkehrs von 11 der insgesamt 13 Root-Server und kam zu dem Ergebnis, dass die Endungen .corp und .home ein hohes Risiko für die Sicherheit und Stabilität des Internets darstellen, weitere 20 Prozent als unkalkulierbares Risiko einzustufen sind und für die verbleibenden 80 Prozent zumindest eine geringe Risikostufe gilt. Die Ergebnisse wurden von ICANN zur öffentlichen Stellungnahme ausgelegt und die eingegangenen Kommentare nun in einer Handlungsempfehlung mit dem Namen »New gTLD Collision Occurrence Management Plan« umgesetzt.
Demnach können sich .corp und .home kaum mehr Hoffnungen auf eine Einführung machen. Das NGPC entschied, die Delegation beider Endungen »auf unbestimmte Zeit« zu verschieben. Alle anderen Bewerber wirft das NGPC in einen Topf und kündigt an, im Rahmen einer neuen Studie weitere Untersuchungen anzustellen, die sich noch eingehender und vor allem bezogen auf einzelne Endungen mit dem Problem von Namenskollisionen befassen und dabei Parameter wie Art und Zahl der DNS-Abfragen oder Häufigkeit der Verwendung in internen Netzwerken untersuchen sollen. Um das Einführungsverfahren nicht zu verzögern, bietet man den Bewerbern im Gegenzug an, das Prüfungsverfahren fortzusetzen; Voraussetzung ist jedoch, dass sie eine Vielzahl von Second Level Domains blockieren, und zwar jede Domain, die wenigstens einmal im »Day in the Life of the Internet«-Datenmaterial der Studie der Interisle Consulting Group LLC auftaucht. Diese Zahl variiert für jede beworbene Endung, erfasst in der Regel aber mindestens mehrere tausend Namen. Nach Studien einiger nTLD-Bewerber soll sich darunter aber auch viel Datenmüll befinden, wie etwa zufällig generierte Ketten aus zehn Zeichen, so dass die Beeinträchtigung für den Registrierungsbetrieb gering ausfallen könnte. Allerdings könnten sich auch besonders attraktive Domains darunter befinden, die ein Bewerber bei der Vermarktung seiner Endung schmerzlich vermisst.
Die Reaktionen der Bewerber auf die Empfehlungen des NGPC sind bisher überwiegend positiv. So betonte Frank Schilling, CEO von Uniregistry, dass die Zahl der Kollisionen vernachlässigbar sei und bereits jetzt jeden Tag in Namensräumen wie unterhalb von .com stattfänden, ohne dass es zur Kernschmelze des Internets käme. Antony Van Couvering, CEO von Top Level Domain Holdings, zeigte sich ebenfalls erfreut; er kritisierte jedoch ICANN dafür, nicht der eigenen Community zu vertrauen, sondern mit der Interisle Consulting Group LLC externe Berater für teures Geld zu beauftragen. Kurt Pritz, ehemals bei ICANN verantwortlich für das nTLD-Programm, wertete die Entscheidung als Versuch, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ob es gelingt, wird sich voraussichtlich schon beim nächsten Meeting von ICANN in Buenos Aires zeigen, das für 17. bis 21. November 2013 angesetzt ist.