Die Internet-Verwaltung ICANN hat das Wettbieten um neue generische Top Level Domains eingeschränkt: private Auktionen sind künftig untersagt. Zudem sind Bewerbungen um Singular- oder Pluralvarianten bereits existierender Domain-Endungen verboten.
Was tun, wenn sich mehrere Unternehmen um die gleiche Top Level Domain bewerben und keine davon Priorität genießt? Das Bewerberhandbuch der Internet-Verwaltung ICANN aus der Einführungsrunde 2012 verweist in solchen Fällen auf eine »Auction of Last Resort«, also ein Wettbieten, das derjenige gewinnt, der das meiste Geld bezahlt. Für ICANN war das einträglich; bei bisher 17 Auktionen flossen insgesamt US$ 240.590.128,– in die Kassen der Internet-Verwaltung. Es hätte jedoch noch viel mehr sein können, hätten sich nicht zahlreiche Bewerber für private Auktionen entschieden und letztlich untereinander eine gütliche Lösung gesucht – ohne Beteiligung ICANNs. So haben sich zum Beispiel einige Bewerber ihr Teilnahmerecht an der »Auction of Last Resort« abkaufen lassen, um so einem Mitbewerber den Zuschlag zu erleichtern, und damit zugleich in die eigene Tasche gewirtschaftet. Die Proteste waren massiv, auch wenn ICANN selbst nur von Unbehagen gegenüber dieser Praxis spricht. So forderte das Governmental Advisory Committee (GAC), der Vertreter nationaler Regierungen innerhalb ICANNs, dass man den Einsatz privater monetärer Mittel zur Lösung dieser Konkurrenzsituationen einschließlich privater Auktionen verbieten oder zumindest stark einschränken müsste. Auch das At-Large Advisory Committee (ALAC) als Vertreter der Internetnutzer schlug vor, künftig alle Formen der privaten Streitbeilegung nach Antragstellung zu verbieten, sofern keine Community-Bewerbung vorlag.
Dieser Forderung ist nun auch ICANN gefolgt. Anlässlich einer Sitzung des Board of Directors vom 14. November 2024 beschloss der Vorstand
to prohibit all forms of private resolution of contention sets in the Next Round, including prohibiting the formation of joint ventures among applicants after the submission of their applications.
Zur Begründung verweist ICANN unter anderem darauf, dass die Zulassung privater Auktionen möglicherweise auch Manipulationen gefördert habe, weil Bewerbungen bereits mit der Absicht eingereicht worden seien, sich den Verzicht auf die Auktionsteilnahme vergüten zu lassen, ohne überhaupt die gewünschte Top Level Domain ernsthaft betreiben zu wollen. Das Beratungsunternehmen NERA habe zudem festgestellt, dass ein Verbot privater Auktionen gängige Praxis sei; es sei hingegen äußerst selten, dass eine Partei, die ein Vergabeverfahren durchführt, den Bewerbern gestattet, Zuteilungs- und Preisentscheidungen untereinander zu treffen. Alternative Methode wie eine Vickrey-Auktion (bei der der Höchstbietende den Zuschlag erhält, dieser aber nicht den Betrag seines eigenen Gebots, sondern nur den des zweithöchsten Gebots zahlen muss) oder sogar eine Verlosung schloss der Vorstand hingegen aus. Dass die Anzahl der »Auctions of Last Resort« damit gegenüber 2012 künftig stark steigen könnte, zieht ICANN ausdrücklich in Betracht, einschließlich erhöhter Auktionserlöse und der streitigen Fragen, zu welchem Zweck diese Mittel zu verwenden sind.
Ebenfalls entschieden hat der ICANN-Vorstand zwei Streitfragen rund um die Zulassung der Singular- und Pluralversionen derselben Zeichenfolge. Zum einen beschloss der ICANN-Vorstand, dass beispielsweise im Fall von Bewerbung um .bitcoin und .bitcoins über den Zuschlag in einem einheitlichen Verfahren entschieden wird, also nur eine Variante eingeführt wird. Zum anderen sind Bewerbungen dann verboten, wenn es bereits eine Singular- oder Pluralversion als Top Level Domain gibt. So wäre eine Bewerbung um .apartment unzulässig, weil es bereits die Endung .apartments gibt; gleiches gilt umgekehrt für .blogs, da die Endung .blog bereits delegiert ist. Angaben, wann die Endfassung des Bewerberhandbuchs mit allen verbindlichen Vergaberegelungen vorliegen soll, machte der ICANN-Vorstand nicht.