nTLDs

ICANN schliesst millionenschwere Missbrauchslücke der »auctions of last resort«

Eine millionenschwere Lücke im System der Einführung neuer Top Level Domains hat die »New gTLD Subsequent Procedures PDP Working Group« ausgemacht: um Spekulation durch Auktion zu verhindern, soll das System der »auctions of last resort« reformiert werden.

Seit Dezember 2015 arbeitet die von ICANN eingesetzte Arbeitsgruppe daran, die Ergebnisse der nTLD-Einführungsrunde aus dem Jahr 2012 auszuwerten, Schwachstellen aufzudecken und konkrete Verbesserungen für künftige Runden zu empfehlen. Am 20. Januar 2021 hat sie nun ihren 400 Seiten starken Schlussbericht bei der Generic Names Supporting Organization (GNSO) eingereicht. Im Mittelpunkt stehen 41 »Topics«, die sich mit den verschiedenen Themen und Phasen der Einführung befassen und jeweils eine Empfehlung beinhalten. Dazu gehört beispielsweise die bereits öffentlich diskutierte Einrichtung eines »Standing Predictability Implementation Review Team (SPIRT)«, das nachträgliche Änderungen am Einführungsprogramm prüfen und so transparent und vorhersehbar machen soll. Auch am Runden-Modell will man festhalten, also kein zeitlich unbegrenztes Bewerbungsfenster öffnen. Neu ist, dass bestimmten Arten von TLDs wie .brands oder geographischen Begriffen unterschiedliche Behandlung zu Teil werden soll. Zudem empfiehlt die Arbeitsgruppe, dass die Endfassung des Bewerberhandbuchs (mindestens) vier Monate vor dem Beginn einer Bewerbungsrunde veröffentlicht werden muss.

Doch während sich in zahlreichen »Topics« eine einvernehmliche Lösung abzeichnet, dürften die »auctions of last resort« noch für erhebliche Diskussionen sorgen. Der Arbeitsgruppe war aufgefallen, dass sich einige Bewerber um zahlreiche nTLDs beworben hatten und so Konkurrenten dazu zwangen, sich die Teilnahme am nTLD-Programm entweder durch private Auktionen oder später durch von ICANN veranlasste »auctions of last resort« teuer abzukaufen. Die Minds + Machines Group Limited etwa soll auf diesem Weg Einnahmen in Millionenhöhe erzielt haben. Daher fürchtet man, dass potentielle Nachahmer auf den Plan gerufen werden. Verhindern soll das eine neue Regelung, die Rechtsmissbrauch vorbeugen soll:

Applications must be submitted with a bona fide (»good faith«) intention to operate the gTLD. Applicants must affirmatively attest to a bona fide intention to operate the gTLD clause for all applications that they submit.

Als mögliche Faktoren für fehlendes »good faith« gilt eine hohe Anzahl an eingereichten nTLD-Bewerbungen, wie viele hiervon in privaten Auktionen zurückgezogen wurden oder wie rasch eine erfolgreiche Bewerbung zur Einführung der nTLD führt; letzteres schließt also auch eine nachträgliche Prüfung nicht aus. Verletzungen sollen mit finanziellen Vertragsstrafen oder einem Ausschluss aus künftigen nTLD-Runden geahndet werden können. Allerdings ist das letzte Wort noch nicht gesprochen; es wird darüber hinaus ausserdem ein Verbot privater Auktionen oder ein völlig neues Auktionsmodell diskutiert, bei dem alle Gebote versiegelt abgegeben werden; der Höchstbietende zahlt dann den Betrag, den der Zweitplatzierten geboten hatte (»second-price auction«).

Der Schlussbericht liegt nun der GNSO zur Prüfung vor. Wird er freigegeben, muss das ICANN Board of Directors über das weitere Vorgehen entscheiden. Mit raschen Entscheidungen ist jedoch nicht zu rechnen. Derzeit geht man davon aus, dass potentielle Bewerber frühestens im Jahr 2023 Gelegenheit haben werden, sich um neue Domain-Endungen zu bewerben.

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