Frühjahrsputz im Herbst: der Vorstand der Internet-Verwaltung ICANN hat über das Schicksal der neuen Top Level Domains entschieden, die aus der Einführungsrunde 2012 übrig geblieben sind. Die Zukunft von .web bleibt hingegen vorerst ungeklärt.
Exakt 1.930 Bewerbungen um eine neue generische Top Level Domain sind im Jahr 2012 bei ICANN eingegangen, die zu bisher 1.241 delegierten Domain-Endungen geführt haben. Berücksichtigt man, dass 646 Bewerbungen zurückgezogen wurden, verbleibt eine Handvoll nTLDs, deren Schicksal bisher ungeklärt war. Bewerber, deren gewünschte Top Level Domain nicht delegiert werden konnte, wurden im Laufe der Jahre in regelmäßigen Abständen von ICANN kontaktiert und an ihre Möglichkeit erinnert, die Bewerbung zurückzuziehen und eine teilweise Rückerstattung der Bewerbungsgebühren zu erhalten, zumeist jedoch ohne Erfolg. Im Hinblick auf die bevorstehende Einführungsrunde 2026 hat das ICANN Board of Directors anlässlich seiner Sitzung vom 14. September 2025 nun einen Schlussstrich gezogen und das Verfahren zur weiteren Behandlung dieser erfolglosen Bewerbungen beschlossen. Demnach erhalten DotConnectAfrica Trust (.africa), Planet Dot Eco LLC (.eco), L’Oréal (.salon), Commercial Connect LLC (.shop), dot Hotel Limited, DotHotel Inc., Fegistry LLC, Spring McCook LLC und Travel Reservations SRL (alle .hotel) den Status »Will Not Proceed«, weil die gewünschte nTDL bereits an einen anderen Bewerber delegiert wurde; im Fall von .hotel wurde die Pluralvariante .hotels der niederländischen Booking.com B.V. zugeteilt.
Als »Not Approved« gelten die Bewerbungen der Google-Tochter Charleston Road Registry Inc. (.corp, .home, .mail), Amazon EU S.à rl (.mail) und GMO Registry Inc. (.mail). Hierzu hat der Vorstand auf Empfehlung des Security and Stability Advisory Committee (SSAC) entschieden, dass eine Delegierung wegen einer möglichen »Name Collision« ausgeschlossen ist. Die drei Endungen werden inoffiziell in privaten Netzwerken verwendet, so dass sich der öffentliche und der private Namensraum überlappen könnten mit der Folge, dass eine Domain nicht mehr eindeutig auflöst. Dies könne nicht nur dazu führen, dass ein bestimmtes Angebot unerreichbar bleibt, sondern auch den gesamten eMail-Verkehr beeinträchtigt. Keine Zukunft haben auch die Bewerbungen von Nameshop (.idn), Asia Green IT System Bilgisayar San. ve Tic. Ltd. Sti. (.islam, .halal, .persiangulf) und TATA SONS LIMITED (.tata); hier hat ICANN ebenfalls bereits entschieden, dass das Bewerbungsverfahren den Status „Will Not Proceed“ erhält. Im Fall von .idn stimmt die gewünschte Zeichenfolge mit dem Ländercode für Indonesien überein und ist daher unzulässig, die beiden anderen Bewerber konnten sich mit ihren Wunschendungen über ein Veto des ICANN-Regierungsbeirat Governmental Advisory Committee (GAC) nicht hinwegsetzen. Bewerber abgelehnter Anträge können weiterhin eine Rückerstattung ihrer Gebühren beantragen; dafür haben sie 90 Tage ab Erhalt der Benachrichtigung Zeit. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Reaktion, verfällt der Anspruch auf Rückerstattung. Die Bewerbung selbst erhält den dauerhaften Status »withdrawn«.
Mit Spannung erwartet wurde die Entscheidung des ICANN-Vorstands zu den Bewerbungen um die wohl wertvollste neue Domain-Endung .web samt der Pluralvariante .webs und um .gcc, die zum Teil Gegenstand von Schiedsverfahren sind. Sie führen aktuell den Status „On Hold“ oder »In Contracting«, ohne dass ein Hinweis darauf vorliegt, ob und wann sie fortgesetzt werden können. Dabei wird es vorerst auch bleiben, denn der Vorstand hat sie mit dem Beschluss »Moved to the New gTLD Program Team« in die Warteschleife geschickt. Theoretisch könnte sich die Zahl der Bewerbungen um diese Endungen noch steigern, wenn sich in der kommenden Einführungsrunde weitere Interessenten finden; den Bewerbern aus dem Jahr 2012 dürfte aber ein zeitlicher Vorrang zukommen.