nTLDs

ICANN friert "closed generics" ein

Die Internet-Verwaltung ICANN hat im Rahmen des Programms zur Einführung neuer Top Level Domains zwei wegweisende Entscheidungen gefällt: während sowohl die Singular- als auch die Pluralform eines Wortes zulässig bleiben, werden Bewerbungen um eine »closed generic«-Endung vorerst eingefroren.

Diese Entscheidung dürfte zahlreiche Bewerber aufatmen lassen. Wie das New gTLD Program Committee (NGPC) von ICANN am vergangenen Freitag mitgeteilt hat, sieht man keinen Anlass, die Regeln zur Zulassung von Singular- als auch Pluralformen im aktuellen Bewerberhandbuch zu überprüfen. Auslöser der neuerlichen Debatte war die Befürchtung, dass die Vielzahl der möglichen neuen Endungen die Verbraucher zu sehr verwirren könnte, wenn sie sich lediglich im Numerus unterscheiden. Berücksichtigt man die eingegangenen Bewerbungen, bieten sich rein theoretisch zahlreiche Verwechslungsmöglichkeiten. So liegen ICANN zum Beispiel Bewerbungen für folgende Wortpaare vor: .car und .cars, .auto und .autos, .hotel und .hotels, .coupon und .coupons, .deal und .deals, .game und .games, .gift und .gifts sowie .kid und .kids. Selbst der Regierungsbeirat von ICANN, das Governmental Advisory Committee (GAC), empfahl daher, die Zulassung solcher Bewerbungen zu überdenken. Dies ficht das NGPC offenbar nicht an. Vor allem die Inhaber von Markenrechten sowie Unternehmen könnte die Zulassung dieser Domains nun viel Geld kosten, da sie gezwungen sein könnten, eine Vielzahl von defensiven Registrierungen im Singular- bzw. Pluralpendant ihrer Domain vorzunehmen, um keinen Traffic zu verlieren.

Für Freude bei den Internetnutzern dürfte dagegen sorgen, dass das NGPC bei Bewerbungen um so genannte »closed genericsq eine Neuprüfung eingeleitet hat. Bei dieser Kategorie planen die Bewerber um generische nTLDs, sie exklusiv für sich selbst zu nutzen und keine freie Registrierung von Second Level Domains zuzulassen. Ein solches »single-registrant«-Geschäftsmodell lässt sich beispielsweise bei der Bewerbung von Amazon für .music, bei L’Oreal für .beauty und bei Google für .blog finden; insgesamt sollen sogar weit über 70 Endungen in diese Kategorie besonders begehrter Endungen fallen. Kritiker befürchten, dass so Gattungsbegriffe monopolisiert würden. Das sieht offenbar auch das NGPC so, verbot daher den Abschluss von Registry-Verträgen und macht die weitere Prüfung von Gesprächen mit dem GAC abhängig. Wann das GAC entscheidet, ist offen; jedenfalls die Bewerber könnten daher veranlasst sein, nun gegen ICANN zu klagen, da das Bewerberhandbuch „closed generics“ an keiner Stelle explizit verbietet. Eine nachträgliche Änderung der Regeln könnte zudem das Vertrauen in das Bewerbungsverfahren beschädigen.

Ob die Internetnutzer bei alldem den Überblick behalten, ist fraglich, scheinen sie doch schon von der bloßen Ankündigung neuer Domain-Endungen überfordert. Richard Wein, Geschäftsführer der österreichischen Registry Nic.at, kritisierte den Mangel an Beratung: „Wir wissen, dass sich wenige Unternehmen aktiv mit Domains und den Veränderungen am Domainmarkt auseinandersetzen.“ Dabei wäre gerade jetzt eine kluge Domain-Strategie wichtiger denn je; wer sich dafür erst den Beginn der Sunrise-Phasen als Ziel setzt, dürfte von der Flut an neuen Endungen überrollt werden.

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