Mit der anstehenden Einführungsrunde für neue generische Top Level Domains findet auch wieder ein Rennen um die besten Startplätze statt. Nicht nur pochen Web3-Unternehmen auf Sonderbehandlung ihrer bereits existierenden Blockchain-Endungen, es zeigen sich nun auch wieder – wie bei der ersten Einführungsrunde – verstärkt Markenanmeldungen für Domain-Endungen.
Andrew Allemann (domainnamewire.com) spricht von »Frontrunning«, ein Begriff, der auch in anderen Szenarien Anwendung findet. So etwa bei Domain-Auktionen, wo der »Frontrunner« auf eine Domain bietet, die er sofort wieder verkaufen will, um sie dann erst mit dem Verkaufserlös zu bezahlen. In diesem Fall meint es allerdings die Anmeldung von Marken bei Patent- und Markenämtern vor der Einführungsrunde neuer Top Level Domains, um die neue Endung als dotBrand ergattern oder zumindest auf eine Marke verweisen zu können. So hat Greg S. Reid die Marke ».prompt« drei Mal unter jeweils verschiedenen Marken- und Dienstleistungsklassen beim United States Patent and Trademark Office (USPTO) angemeldet. Vertreten sind die Klassen 038 (u.a. Zugriff auf und Bereitstellung von Datenbanken), 045 (u.a. domain name registration) und 009 (Software). Das hätte man auch in eine Markenanmeldung packen können. Möglicherweise erhofft sich Reid aber mit drei Anmeldungen eine erhöhte Erfolgschance auf einen Eintrag der Wortmarke ».prompt«. Ein weiterer Kandidat ist die indische Vayuna Voicetech Private Limited mit der Marke ».oon«. Das Unternehmen bietet Implementierung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen und ist zugleich ICANN-akkreditierter Domain-Registrar.
Das USPTO legt dabei eine erhebliche Hürde in den Weg: es akzeptiert Top Level Domains nicht als Marken, da diese gegen die Vergabegrundsätze verstoßen. Derzeit weisen die angemeldeten Marken ».prompt« und ».oon« den Status »Live« und »Pending« auf. Das Anmeldeverfahren ist im Gang (»live«), die Marke aber noch nicht eingetragen oder abgelehnt (»pending«). Ob eine Ablehnung der Markenanmeldung innerhalb des Bewerbungs- und Prüfungsfensters neuer TLDs erfolgt, lässt sich nicht sagen. Ein Ablehnungsverfahren kann sich hinziehen, besonders wenn sich ein längerer Austausch zwischen Anmelder und Behörde ergibt. Um sich aber im Rahmen der kommenden Einführungsrunde um eine .brand bewerben zu können, muss die entsprechende Marke im Trademark Clearinghouse (TMCH) eingetragen sein. Und das setzt voraus, dass eine Marke tatsächlich im Markenregister eingetragen ist. Bei der Bewerbung um eine generische TLD bedarf es keiner eingetragenen Marke. Möglicherweise kommt dem gTLD-Bewerber dann aber eine noch schwebende Markenanmeldung im Rahmen der „ICANN Objection Appeal Procedure“ zu Gute.
Frühere Kandidaten waren u.a. die US-amerikanische Asif LLC., die sich um die Endung .bank bewarb und dieses Zeichen auch als Marke beantragte. Ihr gelang sogar die Eintragung der Marke am 10. Januar 2012 unter der US Serial Number 85120345; sie wurde allerdings bereits am 19. Januar 2012 wieder gelöscht, da sie gegen die Regeln der Behörde verstieß. Die National Association of REALTORS (NAR) hatte im August 2018 die Marke .realtor angemeldet, deren Eintragung zwei Jahre später vom USPTO abgelehnt wurde. Den letzten uns bekannten erfolglosen Versuch unternahm die auf den Cayman-Islands ansässige Vox Populi Registry Ltd., Verwalterin der Top Level Domain .sucks: sie scheiterte daran, die Endung .sucks als Wort-/Bild-Marke eintragen zu lassen (US Serial Number 8718721). Am 02. Februar 2022 entschied der US Court of Appeals for the Federal Circuit (2021-1496) in der Auseinandersetzung mit dem USPTO gegen Vox Populi. Ein weiterer Kandidat war die Anmeldung der Marke .crypto (U.S. Serial Number 88276683) durch die Web3 Unternehmung Unstoppable Domains, Inc., die im Rahmen des Anmeldeverfahrens vom USPTO am 26. January 2022 abgelehnt wurde.
Die Aussichten sind also, glücklicherweise, nicht gut für die Markenanmeldung von potentiellen Top Level Domains, also Marken mit einem Punkt vor dem zu sichernden Kennzeichen. In Deutschland ist die Rechtslage übrigens ebenfalls eindeutig. Nach Ansicht des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) sind Elemente wie https://, www. oder Top Level Domains wie .de und .com übliche beschreibende Bestandteile von Internetadressen ohne markenmäßigen Charakter. Daher könne einer Domain in ihrer Gesamtheit nur eine schutzfähige Second Level Domain und/oder Sub-Domain markenrechtliche Schutzfähigkeit vermitteln. Nichtsdestotrotz werden wir im Vorfeld der Einführungsrunde sicher noch einige Markenanmeldungen von TLDs beobachten, nicht nur beim USPTO.