Neues Jahr, neues Glück: knapp neun Jahre nach der letzten Runde rückt ICANN der Einführung neuer Top Level Domains ein kleines Stück näher. Anlässlich eines Meetings der »New gTLD Subsequent Procedures PDP Working Group« im Dezember 2020 wurde jedoch klar, dass keine rasche Entscheidung zu erwarten ist.
Am 17. Dezember 2015 hatte ICANN die um die 250 Personen starke Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, um die Ergebnisse der Einführungsrunde aus dem Jahr 2012 auszuwerten. Dem folgte am 20. August 2020 ein 361-seitiger vorläufiger Abschlussbericht, der in fünf verschiedenen Kategorien (»Affirmation, Affirmation with Modification, Recommendation, Implementation Guidance, No Agreement«) einerseits die Stärken aus 2012 dokumentiert, aber auch die Schwachstellen aufdeckt und konkrete Verbesserungen empfiehlt. So soll die Anzahl der Bewerbungen nicht begrenzt werden, und zwar weder absolut noch in Bezug auf die Bewerbungen pro Bewerber. Die Anzahl der neu delegierten TLDs soll jedoch fünf Prozent monatlich nicht übersteigen. Weiter sollen Singular- und Pluralformen des selben Wortes innerhalb der gleichen Sprache in aller Regel nicht zugelassen werden, also zum Beispiel .name und .namen; damit will man das Risiko einer Verwechslung reduzieren. Ferner soll es den Bewerbern gestattet sein, freiwillige Selbstverpflichtungen (»Registry Voluntary Commitments«, vormals »Public Interest Commitments«) vorzuschlagen, um Bedenken Dritter frühzeitig Rechnung zu tragen.
Nachdem der Abschlussbericht im Herbst 2020 zur öffentlichen Kommentierung auslag, hat die ICANN-Arbeitsgruppe den Dezember 2020 genutzt, um die eingegangenen Kommentare – es waren insgesamt rund 50 – auszuwerten. So hat sich etwa die .tw-Registry TWNIC dafür ausgesprochen, geographische Begriffe stärker zu schützen und um wirtschaftliche Interessen zu erweitern. Ein Nutzer sprach sich dafür aus, die Kommentierungsphasen von »Standard«- und »Community«- Bewerbungen zeitlich gleichlang laufen zu lassen. Der Registrar EnCirca sprach sich dafür aus, nachträglich Änderungen der gewünschten Endung zuzulassen, um ein »contention set« zu verhindern. Die Non-Commercial Stakeholder Group (NCSG) regte an, die Dauer einer Bewerbungsphase von der Zahl der eingegangenen Bewerbungen abhängig zu machen; zugleich solle aber die Zahl der Bewerbungen eines Bewerbers auf beispielsweise 24 begrenzt werden. »Registry Voluntary Commitments« lehnt die NCSG hingegen ab, da sie das Potential haben, als eine Art Inhaltekontrolle die Meinungsfreiheit zu beschränken. Die Minds + Machines Group Limited empfahl ICANN, erst einmal alle Bewerbungen aus der Runde von 2012 abzuarbeiten, bevor man über weitere nTLDs nachdenke.
Ob sich diese (oder andere) Vorschläge in konkreten Änderungen niederschlagen, bleibt abzuwarten. Nach einem »Consensus Call« vom 08. Januar 2021 hat die »New gTLD Subsequent Procedures PDP Working Group« nun Zeit bis 18. Januar 2021, ihren Schlussbericht bei der Generic Names Supporting Organization (GNSO) einzureichen. Dort wird man sich vor allem mit dem Problem der »closed generics« befassen, für die es noch keine Lösung gibt. Mit raschen Entscheidungen ist nicht zu rechnen. Derzeit geht man daher unverändert davon aus, dass potentielle Bewerber frühestens im Jahr 2023 Gelegenheit haben werden, sich um neue Domain-Endungen zu bewerben.