nTLDs

Afilias startet einen Kooperationsprozess, der die Einführung von .web weiter verzögert

Afilias Domains No. 3 Limited, bisher erfolglose Bewerberin um die neue Top Level Domain .web, lässt nicht locker: ein weiteres Schiedsverfahren gegen ICANN soll die Wende bringen. Damit verschiebt sich die Einführung von .web erneut auf umbestimmte Zeit.

Im November 2018 hatte Afilias Domains No. 3 Limited, die mittlerweile als Altanovo Domains Ltd. firmiert, ein Schiedsverfahren (IRP) gegen die Internet-Verwaltung ICANN eingeleitet und damit eine jahrelange Auseinandersetzung um .web fortgesetzt. Die Endung .web gilt als die wertvollste nTLD aus der Einführungsrunde 2012. Sie eignet sich für Inhalte aller Art und ist vor allem kurz, einfach und prägnant, zudem selbsterklärend, international verständlich und von weltweiter Relevanz. Damit eröffnet sich auch Nischenanbietern beste Chancen auf griffige, werbewirksame und vor allem noch freie, also verfügbare Internetadressen. Der zentrale Vorwurf von Afilias lautete, dass es der im Rahmen einer Auktion siegreiche Bewerber Nu Dot Co LLC (NDC) versäumt hatte, offenzulegen, dass man mit der .com-Registry VeriSign einen finanzstarken Partner im Rücken hatte, der das siegreiche Auktionsgebot von US$ 135 Mio. überhaupt erst möglich gemacht hat. Doch trotz eines Erfolgs im Schiedsverfahren ging Afilias nach zähem Ringen vorläufig leer aus: am 30. April 2023 entschied das Board of Directors der Internet-Verwaltung ICANN, dass NDC weder durch den Abschluss eines »Domain Acquisition Agreement« mit VeriSign noch durch die Teilnahme an der .web-Auktion gegen die Regelungen im Bewerberhandbuch oder die Auktionsregeln verstoßen hat. Zugleich wurde die Interims-Präsidentin und CEO Sally Costerton angewiesen, die Bewerbung von NDC weiterzubearbeiten, also das Registry-Agreement auszuhandeln.

Doch Afilias gibt nicht auf. Wie VeriSign am 16. Mai 2023 mitteilt, hat Afilias keine 24 Stunden nach Veröffentlichung der Entscheidung des ICANN-Vorstands einen »ICANN Cooperative Engagement Process« (CEP) eingeleitet. Der CEP ist ein Verfahren, das von einem Beschwerdeführer freiwillig in Anspruch genommen werden kann, bevor ein IRP-Verfahren eingeleitet wird. Er soll Fragen klären oder eingrenzen, die später im IRP behandelt werden. Um welche Fragen es sich handelt, ist unklar; ICANN hat die Beschwerdeschrift bisher nicht veröffentlicht. Afilias gewinnt damit jedenfalls an Zeit, denn ICANN legt weitere Maßnahmen auf Eis, solange ein CEP anhängig ist. VeriSign kritisierte den Schritt scharf. Afilias und seine Unterstützer habe diesen erneuten CEP initiiert, obwohl man eine faire Auktion verloren habe. Afilias würde das Spielbuch von 2018 wieder hervorkramen; die Einführung von .web liefe erneut Gefahr, durch grundlose Verfahrensmanöver verzögert zu werden. Eine weitere Verzögerung scheine das einzige Ziel des CEP zu sein, denn niemand könne in gutem Glauben annehmen, dass der gründliche Prozess und die Entscheidung zu .web, die der ICANN-Vorstand getroffen habe, gegen die ICANN-Satzung verstoßen. Letzten Endes sei alles, was durch das CEP und das sich anschließende, erneute IRP folge, nur eine weitere Verzögerung; eine Verzögerung um der Verzögerung willen komme einem Mißbrauch des Verfahrens gleich, der die Multistakeholder-Prozesse sowie die Rechte von NDC und VeriSign zu untergraben drohe.

Überraschend kommt der CEP nicht. Bereit vor geraumer Zeit hatte Afilias angekündigt, die Auseinandersetzungen um .web

»in all available fora whether within or outside of the United States of America«

fortzusetzen. Aktuell sieht daher alles danach aus, als würde sich die Einführung von .web und mit ihr die Registrierung der ersten .web-Domains noch um Jahre verzögern.

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