Geht es nach den Wünschen der Internet-Verwaltung ICANN, steht das Datum für den Beginn der nächsten Einführungsrunde von neuen Top Level Domains bereits fest: der Startschuss soll im Mai 2026 fallen. Doch offiziell bestätigt ist das nicht.
Mitte März 2023 beschloss das ICANN Board of Directors, insgesamt 98 Empfehlungen aus dem »New gTLD Subsequent Procedures Policy Development Process Final Report« zu übernehmen. Damit gab es offiziell den Startschuss für den Implementierungsprozess zur Einführung neuer Domain-Endungen. Als Teil dieses Beschlusses wies das Board die Mitarbeiter an, einen
»comprehensive implementation plan, including a work plan, information for the infrastructure design, timelines, and anticipated resource requirements to achieve the necessary work«
vorzulegen, und zwar bis spätestens 01. August 2023. Konkret damit beauftragt ist das »Implementation Review Team« (IRT), das sich am 16. Mai 2023 unter Leitung von Lars Hoffmann, Sr. Director Policy Research & Stakeholder Programs, zum ersten Mal getroffen und bereits zu Beginn mit 68 Mitgliedern reges Interesse der Community geweckt hat. Sie alle sollen dabei helfen, das nächste Bewerberhandbuch (Applicant Guidebook, kurz: AGB) zu erstellen, das die Details der kommenden nTLD-Einführungsrunde beinhaltet.
Anlässlich des 2. IRT-Meetings, das am 23. Mai 2023 stattfand, stellte Hoffmann den Entwurf eines »Implementation Plan« vor. Dieser sieht vor, dass die 98 Empfehlungen in acht Module aufgeteilt werden. Sie entsprechen den bereits bekannten sechs Modulen aus dem AGB der Einführungsrunde im Jahr 2012 (»New gTLD Program Foundations + other Program Elements«, »Application Submission and Processing«, »Application Evaluation«, »Dispute Resolution«, »New gTLD Program Operations«, »Contracting«, »Post-Contracting« und »Terms & Conditions«), ergänzt um die beiden Module »Applicant Support Program« und »RSP PreEvaluation Process«. Parallel gibt es weitere 38 Empfehlungen aus dem »New gTLD Subsequent Procedures Policy Development Process Final Report«, die aktuell den Status »pending« führen; sie sollen nach und nach in den »Implementation Plan« integriert werden. Vor allem aber nennt der Arbeitsplan erstmals einen konkreten Fahrplan. So geht das IRT davon aus, dass man 24 Monate für die Erstellung eines Entwurfes des AGB benötigt, wobei man ausdrücklich darauf hinweist, dass es sich lediglich um eine Schätzung handelt. Dann findet sich ein Satz, der aufhorchen lässt:
»However, in order to align with the Board´s desire to launch the next round by May 2026 (36 months from the launch of the IRT) once materials are drafted and are ready for review, ICANN Org will revisit meeting sequences and timelines.«
Der ICANN-Vorstand hat also den Mai 2026 für den Beginn der nächsten Einführungsrunde ins Auge gefasst, ohne diesen Termin aber offiziell zu bestätigen. Das Datum klingt eher so, als sei es von oben verordnet worden; die praktischen Erfahrungen mit ICANN lassen aber vermuten, dass der Startschuss für die nächste Einführungsrunde jedenfalls nicht vor Mai 2026 fällt.
Die ersten Reaktionen auf diese Ankündigung ließen nicht lange auf sich warten. So merkte Jeffrey Neuman, Gründer und CEO des Beratungsunternehmens JJN Solutions, an:
»Work Plan is way too conservative and we need to do better“. Martin Sutton, Managing Director von Top Dot Ltd. kritisierte den geplanten Fahrplan als „overly long.«
Dem pflichtete auch Susan Payne vom Domain-Beratungsunternehmen Com Laude bei:
»There is tremendous criticism of ICANN for failure to deliver. I really hope we can find ways to increase the efficiency and speed here.«
Auch wenn es nicht ausgeschlossen ist, dass das AGB in weniger als 24 Monaten erstellt wird – darauf wetten sollte man nicht.