Macht es Sinn, sich um die eigene .brand zu bewerben? Der nTLD-Berater Jean Guillon liefert in einem Beitrag auf circleid.com allen Skeptikern zahlreiche Argumente, sich gegen eine Markenendung zu entscheiden. Aber auch für eine gegenteilige Behauptung ist er zu haben.
664 von 1.930 Bewerbungen um eine neue generische Top Level Domain, also rund ein Drittel, entfiel in der letzten Runde 2012 auf so genannte .brands, also Marken-Endungen wie .adac, .bmw, .panasonic oder .sony. Die erste Euphorie um das eigene Stück vom Domain Name System ist jedoch längst einer Ernüchterung gewichen, 81 .brands haben sich schon wieder aus dem Netz verabschiedet, davon allein 12 im Jahr 2020. Dennoch wird die Forderung nach einer weiteren Einführungsrunde unter anderem damit begründet, dass weitere Markeninhaber interessiert sind, »ihre« .brand zu erhalten. Der nTLD-Berater Jean Guillon ist dem auf den Grund gegangen und hat die Argumente zusammengetragen, die gegen die eigene .brand sprechen. Die geringste Hürde ist dabei die Bewerbungsgebühr, die 2012 bei US$ 185.000,– lag. Dazu kommen jährlich mindestens US$ 25.000,–, die an ICANN zu bezahlen sind. Angesichts millionenschwerer Werbebudget sind jedoch viele Unternehmen bereit, diese Kosten aufzubringen.
Viel wichtiger ist: die meisten .brands wollen mit einer Registrierung von Domain-Namen kein Geld verdienen. Sie legen es also nicht darauf an, möglichst viele .sony-Domains zu verkaufen; sie wollen vielmehr ihre Marke schützen. Das endet meist in einer rein passiven Nutzung der .brand, oder mit anderen Worten: viele .brands haben keine Idee, was sie mit ihrer eigenen Top Level Domain anfangen sollen. Auch Jahre nach erfolgreichem Abschluss der Bewerbung gibt es viele solcher .brands, die vor sich hindümpeln. Wer keine Idee hat, für den ist ein solches Investment aber häufig sinnlos. Des Weiteren sind die Nutzer mit .com, .de oder anderen nationalen Endungen vertraut; ihre Gewohnheiten zu ändern und sie dazu zu bringen, auf die .brand-Website zu wechseln, ist oft umständlich und mit zusätzlichen Kosten verbunden. Hinzu kommen technische Schwierigkeiten, da es immer noch zu Software-Problemen beispielsweise bei eMail-Clients kommen kann, wenn nTLDs eingesetzt werden. Völlig frei ist man im Übrigen auch bei .brands nicht; so führt ICANN eine offizielle Liste der »reserved names« die nicht als Second Level Domain registriert werden dürfen, darunter viele Länderkürzel und Akronyme.
Wer sich partout nicht von den Plänen für die eigene .brand abbringen lassen will, für den hält Guillon ebenfalls etwas bereit: in wenigen Tagen erscheint ein Artikel mit dem Titel »Reasons Why you should apply for a .BRAND new gTLD.« Man hat also noch ausreichend Gelegenheit, die Argumente für und wider eine .brand abzuwägen, zumal noch nicht feststeht, wann die nächste Einführungsrunde beginnt. Die allgemeine Meinung geht derzeit dahin, dass vor 2023 keine neuen Registry-Verträge abgeschlossen werden. Dies spricht dafür, dass potentielle Bewerber frühestens 2022 Gelegenheit haben werden, sich um neue Domain-Endungen zu bewerben – oder dies lieber zu lassen.