Im Streit zwischen dem US-amerikanischen Telekommunikationsunternehmen Verizon Communications Inc. und der staatlichen Federal Communications Commission (FCC) um die Netzneutralität steht ein Urteil offen. Der Ausgang wird entscheidend für die Zukunft des Internet sein.
Es ist wohl eines der bedeutsamsten Gerichtsverfahren für die Zukunft des Internets: vor dem United States Court of Appeals für den District of Columbia fechten derzeit Verizon und die FCC, laut Wikipedia eine der unabhängigen Behörden in den USA und zuständig für die Regelung der Kommunikationswege Rundfunk, Satellit und Kabel, einen Streit um den Grundsatz der Netzneutralität aus. Auslöser des Streits ist die so genannte »Open Internet Orderq der FCC vom 23. Dezember 2010. Das 194seitige Regelwerk verpflichtet US-amerikanische Internet-Provider im Grundsatz, ihr Netzwerkmanagement transparent zu führen sowie Internet-Traffic weder zu blockieren noch unzulässig zu diskriminieren. Der Erlass war nach Ansicht der FCC notwendig geworden, weil es ernsthafte Bedrohungen für das offene Internet gab; unter anderem soll der Kabelnetzbetreiber Comcast den Zugang zum Filesharing-Service BitTorrent für seine Nutzer gesperrt haben. Die Kompetenz der FCC, solche Regelungen zu erlassen, stellt Verizon jedoch in Frage. Im Jahr 2002 wurden Internet-Dienstleistungen eher als »information service« und damit nicht als »telecommunications service« eingestuft; dies hat zur Folge, dass die Provider nicht den selben Regelungen unterliegen wie die Telefonkonzerne.
Der Ansicht von Verizon scheint auch das Berufungsgericht zuzuneigen. Im Rahmen einer 2stündigen Anhörung zeigte sich das Gericht skeptisch, ob es Regeln, die für die Telephonie gedacht sind, auf die Regulierung des Internets übertragen dürfe. Zwei verfassungsrechtliche Grundsätze spielen dabei eine Rolle: nach dem 1. Zusatzartikel, der die Meinungsfreiheit gewährleistet, müsste Verizon frei entscheiden können, welche Dienste und Inhalte es durch die Leitungen lässt und nicht verpflichtet werden, fremde Meinungen zu transportieren, ohne selbst auf die Art und Weise der Übertragung Einfluss nehmen zu können. Zudem rügt man eine Verletzung des 5. Zusatzartikels, da Verizon gezwungen sei, anderen Unternehmen eine dauerhafte Nutzung seines Netzwerks zu gestatten, was einer Art digitaler Enteignung gleich komme. Allerdings zeigte sich das Gericht den Argumenten der FCC nicht gänzlich abgeneigt; möglicherweise zieht man in Betracht, zwischen einer Blockade und einer zulässigen Diskriminierung von Inhalten zu unterscheiden.
Mit einer raschen Entscheidung ist nicht zu rechnen. Beobachter des Verfahrens rechnen damit, dass sich das Gericht einige Monate Zeit nehmen wird; frühestens Ende 2013, voraussichtlich aber erst 2014 soll das Urteil fallen. Und es wird schon jetzt mit Spannung erwartet: über 60 »legal briefs« unterstützen die Position der FCC. Verizon kann seinerseits auf mindestens ein dutzend solcher Unterstützer aus der eigenen Branche bauen.