Gut neun Monate sind vergangen, seit die ersten neuen Top Level Domains in die Registrierung gestartet sind. Stellt sich die Frage: haben sich alle Erwartungen bestätigt? Das Council of European National Top Level Domain Registries (CENTR) liefert erste Antworten.
Die Kurzstudie, die CENTR in Zusammenarbeit mit dem Domain-Beratungsunternehmen Architelos Inc. erstellt hat, trägt den Titel »Myth & Fact: New gTLDs, Registries & Registrars«. Ihr Anliegen ist es, sechs ausgewählte Annahmen und Vorhersagen vor dem Start des nTLD-Programms darauf zu überprüfen, ob sie eingetreten sind. Als Grundlage dienten neben der Befragung von CENTR-Mitgliedern unter anderem zehn Interviews mit Führungskräften prominenter Registrare und Registries. Den Auftakt der Studie bildete die These, dass Marken-Registrare vor allem defensive Registrierungen verkaufen; die American Advertising Association (ANA) hatte insoweit vor Kosten in Milliardenhöhe für Markeninhaber gewarnt. Doch zumindest von den Möglichkeiten des »Trademark Clearinghouse« haben Markeninhaber kaum Gebrauch gemacht: die aktuelle Statistik weist per 16. September 2014 gerade einmal 32.993 Markeneinträge aus. Die meisten Markeninhaber haben ihre Begriffe weder unter allen neuen, geschweige denn allen vorher bereits verfügbaren TLDs durch Registrierung geschützt. Sie haben gelernt, dass vor allem Traffic für eine Domain wichtig ist; der fehlt den allermeisten Domains mit neuer Endung, auch wenn sie einen geschützten Begriff beinhalten.
In These 2 ging CENTR der Frage nach, ob die Gebühren für die neuen Domain-Endungen günstiger sein müssen, um mit .com konkurrieren zu können. Doch auch das stellte sich als Mythos heraus: die meisten neuen Domains sind zwei bis drei Mal so teuer wie .com, einzelne Domains wie .luxury sogar erst für US$ 1.000,– oder mehr zu haben. Lediglich einzelne Endungen wie .berlin, .xyz oder .ovh planen auch mit kostenlosen Domains. Noch zu früh ist es für die Antwort auf die Frage, ob es die Registrare in der Hand haben, wie gut sich eine TLD verkauft. Viele Registrare betrachteten die Kundenbeziehung als ihr Eigentum und wollten, idealerweise gegen Zahlung der Registry, wählen, welche TLD sie anbieten (»pay to play«). Man darf annehmen, dass sich GoDaddy eine prominente Platzierung vergüten lässt, auch durch Nachlässe beim Einkauf; dem stehen jedoch zahllose andere Registrare gegenüber, die praktisch jede neue Endung anbieten. Damit wären wir bei These 4, wonach erwartet wurde, dass sich kleinere Registrare schwer tun würden, möglichst viele neue TLDs in ihr Angebot zu integrieren. Doch auch dabei handelt es sich um einen Mythos: 10 der Top-15-Registrare für neue Endungen sind entweder Newcomer oder liegen deutlich über dem Erfolg, den sie bisher unter .com, .net und .org erzielten.
Ferner wurde im Vorfeld der Einführung neuer Endungen spekuliert, dass die Registrare den Registries die technischen Standards diktieren, um dort überhaupt gelistet zu werden. Allerdings hat sich auch das nicht bewahrheitet, da es zu viele unterschiedliche Gebührenmodelle gibt. Schließlich ließ These 6 Raum für eine eigene Antwort. Dabei stellte sich heraus, dass für 45 Prozent der Befragten die Verkäufe unter nTLDs in jenem Umfang eintraten, den sie erwarteten; für 19 Prozent sei es für eine Beurteilung noch zu früh, während 6 Prozent angaben, dass ihre Erwartungen bei weitem enttäuscht wurden. Mit 59 Prozent mehr als die Hälfte der Befragten gehen ferner davon aus, dass die nTLDs in 5 Jahren an Aufmerksamkeit und moderatem Erfolg gewonnen haben. Einmal mehr lässt sich also festhalten: die nTLDs stehen erst ganz am Anfang.